Im Porträt Diese Bremer Omas gehen gegen Rechts auf die Straße

Autorin

Zwei Frauen stehen an der Weser und halten Papier hoch, auf dem "Omas gegen Rechts" steht
Bild: Lieselotte Scheewe

In unserer Reihe Lieblingsmenschen geht es immer um Menschen, die sich besonders engagieren und sich für die Gesellschaft einsetzen. Die "Omas gegen Rechts" gehören dazu. Was sie alles machen, wie sie auf die Idee kamen und warum sie es wichtig finden, ihre Stimme zu erheben, darüber hat unsere Reporterin Lieselotte Scheewe mit Gerda Smorra und Renate Witzel-Diekmann gesprochen.

Gerda Smorra steht auf einer Wiese und hölt eine Mappe mit der Aufschrift "Omas gegen Rechts" in der Hand

Lieblingsmenschen "Omas gegen Rechts"

Mit den "Omas gegen Rechts" stehen Gerda Smorra und Renate Witzel-Diekmann für Gleichstellung und gegen Rassismus und Rechtsextremismus ein.

Bild: Lieselotte Scheewe

Wenn die Bremer "Omas gegen Rechts" bei einer Demonstration auf die Straße gehen, dann sind sie schon von Weitem zu erkennen. Mit ihren typischen Schildern machen sie auf sich aufmerksam: "Omas gegen Rechts" steht da in dicken, schwarzen Lettern auf quadratischen Plakaten. Und sie sind schon von Weitem zu hören: "Eins, zwei, drei. Eins, zwei, drei. Omas steht auf" oder "Wir demonstrieren, gegen Rassismus, O Bella Ciao, Bella Ciao, Bella Ciao Ciao Ciao", so schallen ihre Lieder durch die Straßen. 

Alt sein heißt nicht stumm sein.

Gerda Smorra zitiert Monika Salzer, die österreichische Gründerin der "Omas gegen Rechts"

Diese "Omas gegen Rechts" wollen sich einbringen, etwas bewegen, trotz oder gerade wegen ihres Alters. "Alt sein heißt nicht stumm sein", sagt Gerda Smorra und zitiert damit Monika Salzer, die Gründerin der "Omas gegen Rechts" in Österreich. Gerda Smorra selbst hat vor fünf Jahren in Bremen eine der ersten "Omas-Gruppen" in Deutschland gegründet.

Eine diverse Bewegung, die Haltung zeigt

Zu der Gruppe gehören übrigens nicht nur Omas, sondern auch ein paar Opas. Deutschlandweit gibt es mehr als 100 regionale Gruppen. Sie alle haben ein klares Ziel: "Wir sind gegen Rassismus, wir sind dafür, dass alle Religionen gleichbehandelt werden, wir sind dafür, dass überhaupt jegliche Menschen in unserer Demokratie gleichbehandelt werden, das können Behinderte sein, das können durch Alter eingeschränkte Leute sein, wer auch immer das ist, Flüchtlinge etc., müssen in dem Sinne, die Würde des Menschen ist unantastbar, gleichbehandelt werden", sagt Gerda Smorra. Und sie fügt noch hinzu: "Das werden sie leider oft nicht."

Ich bin, sagen wir mal, mein ganzes Leben schon ein politischer Mensch.

Gerda Smorra über ihr politisches Engagement

Schon in ihrer Zeit als Lehrerin und Theaterpädagogin hat die heute fast 80-Jährige mit Schülerinnen und Schülern zu den Themen Diskriminierung und Rechtsextremismus gearbeitet. "Ich bin, sagen wir mal, mein ganzes Leben schon ein politischer Mensch. Also ich habe die erste Demo in den 60er-Jahren gehabt. Da bin ich schon auf der Straße gewesen gegen der NPD damals. Und so ist das auch weitergegangen."

Gerda Smorra steht auf einer Wiese und hölt eine Mappe mit der Aufschrift "Omas gegen Rechts" in der Hand
Anfang 2018 hat Gerda Smorra in Bremen eine der ersten Gruppen gegründet. Bild: Lieselotte Scheewe

Ein Ereignis hat sie dann dazu gebracht, sich einer Gruppe anzuschließen. Nach dem rechtsextremen Brandanschlag in Rostock-Lichtenhagen auf eine Flüchtlingsunterkunft äußerte sie sich öffentlich in einer Zeitungsannonce. "Da habe ich zum ersten Mal Druck gekriegt. Mir wurden Briefe nach Hause geschickt und ich habe Angst bekommen. Das waren Reichsbürger. Nur kannten wir sie damals noch nicht", erzählt sie. Sie ging damals zur Polizei, aber die konnte ihr nicht helfen. "Und da habe ich persönlich einfach so als Gerda Smorra mitgekriegt, wie das sein kann, wenn so hasserfüllte Menschen auf dich persönlich zukommen." Das hat sie angespornt, sich gemeinsam mit anderen zu engagieren. "Ich dachte: Mensch, du musst was machen. Ich habe mich sowas von hilflos gefühlt", erzählt sie.

Alles begann am Holocaust-Gedanktag

Als sie dann Jahre später, Ende 2017, die "Omas gegen Rechts" in Wien entdeckte, war Gerda Smorra entschlossen, auch hier in Bremen eine Gruppe zu gründen. Die gleiche Idee hatte Anna Ohnweiler im Schwarzwald. So entstanden am 27. Januar 2018, dem Holocaust-Gedenktag, die ersten zwei "Omas gegen Rechts"- Gruppen in Deutschland.

Wieso ihr Alten? Ja, gerade wir Alten!

Renate Witzel-Diekmann über ihre Motivation

Sie sind keine Partei, sondern eine Bewegung. Es geht nur gemeinsam – das ist Gerda Smorra auch ganz wichtig. 200 Mitglieder hat die Gruppe in Bremen. Ein Kern von sieben Frauen kümmert sich ganz intensiv um die Aktionen, die Facebook-Gruppe und die Vernetzung. Darunter auch Renate Witzel-Diekmann. Sie findet es wichtig, sich in den politischen Diskurs einzumischen und den Älteren auch eine Stimme zu geben. "Alte Frauen, die man eigentlich eher aufs Sofa verbannt und über die gerne gesagt wird, dass sie sich nicht einzumischen haben, haben doch etwas zu sagen. Das ist auch manchmal eine Reaktion auf der Straße: Wieso ihr Alten? Ja, gerade wir Alten!", sagt Renate Witzel-Diekmann.

Die Bremer Querdenker-Bewegung ist nicht groß gewesen, aber trotzdem ist sie gefährlich.

Gerda Smorra über rechte Strömungen in der Gesellschaft
«Omas gegen Rechts» steht bei einer Demonstration gegen Rassismus und Rechtspopulismus, einen Tag vor der Bürgerschaftswahl auf Transparenten.
Die "Omas gegen Rechts" gehen regelmäßig auf die Straße. Bild: dpa | picture alliance/dpa | Carmen Jaspersen

Die Omas gehen nicht nur bei Demonstrationen oder an Gedenktagen auf die Straße. Sie organisieren Spendenaktionen, gehen in Schulen und Altenheime oder pflegen die Stolpersteine. Das alles tun sie, weil sie es dringend notwendig finden, darauf aufmerksam zu machen, wie viele rechte Strömungen und Gedanken es in der Gesellschaft gibt. "Die Bremer Querdenker-Bewegung ist nicht groß gewesen, aber trotzdem ist sie gefährlich – eine ganz gefährliche Geschichte. Da haben wir ja richtig gemerkt, wie viele Leute sich davon einfangen lassen", sagt Gerda Smorra.

In Bremen oder auch in anderen Städten bekommen die "Omas gegen Rechts" meistens viel Zuspruch. Im Internet werden sie aber häufig auch angefeindet. Das macht die Arbeit mühsam.  Aber das hält Gerda Smorra und die anderen Bremen "Omas" nicht davon ab, sich unermüdlich dafür einzusetzen, dass alle Menschen gleichbehandelt und nicht verfolgt und diskriminiert werden. "Wir sind Kriegs- und Nachkriegskinder. Und das steckt natürlich bei uns auch dahinter, wir haben eben diese Vergangenheit auch in der Familie ganz hautnah miterlebt. Und diese hautnahen Begegnungen treiben auch Omas dazu zu sagen: 'Ich geh da rein in die Bewegung'."

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, 1. April 2023, 13:40 Uhr

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