Auf der Bühne "Orlando" auf langatmiger Selbstfindungsreise
Die Bremer Shakespeare Company zeigt eine Dramatisierung des Romans "Orlando" von Virgina Woolf. Das Ensemble überzeugt, die Inszenierung hat aber ihre Längen.
Worum geht es?
Das Stück basiert auf dem Roman von Virginia Woolf aus dem Jahr 1928. Die Shakespeare Company führt die Dramatisierung des Stoffs von Sarah Ruhl zum ersten Mal auf Deutsch auf. Orlando ist ein junger Edelmann, der im Elisabethanischen Zeitalter in England lebt.
Er hat einige Liebschaften, lernt die Königin kennen, verliebt sich dann unsterblich in eine russische Adelige. Als sie ihm das Herz bricht, lässt er sich als Diplomat nach Konstantinopel versetzen. Und dort wacht Orlando eines Tages als Frau auf – und ist fortan unsterblich. Die Geschichte folgt Orlando bis ins 20. Jahrhundert und zeigt, wie sie mit dieser neuen Rolle als Frau zurechtkommen muss.
Was gab es auf der Bühne zu sehen?
Das Stück war als „Erweiterung des herkömmlichen Sprechtheaters“ angekündigt worden, da war von Performance, Tanz und Gesang die Rede. Kein Wunder, der Regisseur Rodrigo Garcia Alves ist auch Performance-Künstler. Zu sehen war von Tanz und Performance am Ende wenig. Das Bühnenbild ist gewohnt karg, das hilft aber, die Handlung in den Mittelpunkt zu rücken. Es hängen zwölf große weiße Seile am Ende der Bühne von der Decke, die immer neu arrangiert werden für immer wieder neue Settings.
Die Shakespeare Company hat davon abgesehen, Orlando im ersten Teil von einem Mann und dann von einer Frau spielen zu lassen. Sofie Alice Miller war in der Hauptrolle hervorragend, weil sie den Wechsel zwischen Mann und Frau nicht überdramatisiert gespielt hat. Das Stück hat vor allem von dem Chor gelebt. Simon Elias, Tim Lee, Michael Meyer und Erik Roßbander haben die Handlung immer miterzählt und Miller so die Bälle zugespielt.
Was sagt unsere Kritikerin?
Das Stück hatte erhebliche Längen, gerade im ersten Teil hat es schnell an Fahrt verloren. Gerade die angekündigten Tanz- und Performance-Einlagen wirkten eher überflüssig. Außerdem schienen die Macher nicht wirklich zu wissen, ob sie nun eine Tragödie oder eine Komödie auf die Bühne bringen wollen – das war mitunter verwirrend. Es fehlte ein bisschen der Fokus: Geschlechteridentitäten, die Rolle der Frau, die Beziehung der Natur und den sich ewig wandelnden Zeitgeist in einem Stück zu kommentieren, ist ambitioniert – und funktioniert nicht.
Überzeugt hat die Auseinandersetzung mit der Frage nach der Geschlechteridentität, gerade weil diese Themen so aktuell sind. „Es ist klar, dass sie sich über ihr Geschlecht gar keine Gedanken gemacht hatte“, heißt es an einer Stelle im Stück. Der Fokus darauf hätte der Inszenierung gut getan; zumal das hervorragende Ensemble und das gute Bühnenbild die perfekte Grundlage dafür gebildet hätten.
Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Der Samstagmorgen, 12.10.2024, 9:50 Uhr