Im Porträt Wie Mediziner Dietrich Grönemeyer Angst in Zuversicht umwandelt

Als "Rückenpapst" wurde er bekannt, aber Dietrich Grönemeyer setzt sich längst für ein viel umfassenderes Verständnis von Gesundheit ein. Ob Ernährung, Naturmedizin oder schonende Operationsmethoden: Der renommierte Arzt und Autor versucht in seiner Arbeit, Herz und Seele in Einklang zu bringen.

Gesprächszeit Mediziner Dietrich Grönemeyer über ein Leben ohne Angst

In seinem neuen Buch "Leben ohne Angst" beschreibt Mediziner Dietrich Grönemeyer, wie Angst unsere Gesundheit beeinflusst und wie wir sie überwinden können.

Bild: dpa | Christoph Hardt/Geisler-Fotopress

Dietrich Grönemeyer hat als Arzt und Gesundheitsexperte Millionen Menschen erreicht. Als Bremen Zwei Live-Gast hat er das Café Noon im Theater Bremen bis zum Rand mit Publikum gefüllt. Obwohl er mit Moderator Tom Grote viel über Angst, Krankheit und über das Sterben geredet hat, wurde viel gelacht. "Leben zu dürfen ist ein Geschenk", sagt der 71-jährige Mediziner.

Ich weiß nicht, wenn ich gleich nach Hause fahr', ob ich das überlebe!

Dietrich Grönemeyer über die Freude am Leben

Die Frage "Was treibt Sie an?", beantwortet er so: "Die Freude daran, mitgestalten zu können. Die Freude daran, leben zu dürfen! Wir kommen vermutlich nie wieder. Ich weiß nicht, wenn ich gleich nach Hause fahr, ob ich das überlebe! Keiner von uns. Wir können diese Prognosen ja gar nicht stellen. Und das treibt mich an, gesellschaftlich mitzugestalten, die Medizin zu verändern."

Angst ist ein ständiger Begleiter

"Leben ohne Angst" heißt sein neues Buch. Seine Arbeit beschreibt Dietrich Grönemeyer so: Medizin auf Augenhöhe mit den Patientinnen und Patienten zwischen Hightech und Naturkunde. Aber die Angst kann uns kein Kraut und keine Maschine nehmen. Dietrich Grönemeyer hat das letzte Mal Angst gehabt, als er auf Norderney am 1. Januar ins eiskalte Wasser gesprungen ist. "Sechs Grad. Und ich hab gesagt: Hoffentlich bleibt mein Herz nicht stehen."

Was man tun kann, wenn das Herz rast

Die Angst um sein Herz ist kein Scherz. In jüngeren Jahren flog Dietrich Grönemeyer einmal zu einem Kongress in die USA, trotz Fieber und Schmerzen. Die Folge: eine Herzmuskelentzündung. "Ich hab' Aspirin reingepfiffen und hab' das getan, was ich allen verbiete. Mit Fieber gehörst du ins Bett! Ich rate aber allen, das nicht zu tun, danach hatte ich eine Herzmuskelentzündung und bin fast dran gestorben. Mit Lachen setzt er hinzu: "Total blöd. Und deswegen finde ich es auch doof, dass Sie es angesprochen haben!"

Brummen, singen. Und wenn es geht, zusammen!

Dietrich Grönemeyer über Singen zur Bewältigung von Angstsituationen

Als in der Pause Cat Stevens "Morning Has Broken" spielt, singt Grönemeyer leise mit. Auch manch eine Zuschauerin und manch ein Zuschauer stimmt mit ein. "Singen, das kann ich Ihnen nur empfehlen, wenn Angstsituationen entstehen", so Grönemeyer. "Brummen, singen. Und wenn es geht, zusammen! Dann kommt man in so eine Synchronisation, die macht einen Moment, ein riesen Glücksgefühl." Und noch einen Tipp gibt er allen mit: Bei Angst und Unruhe am Ohrläppchen reiben. Das stimuliere den Parasympathikus und senke die Herzfrequenz.

Angstfrei zum Arzt

Dietrich Grönemeyer wirkt unheimlich entspannt. Er fühlt sich wohl auf der Bühne. Er ist Arzt, Populärwissenschaftler, Unternehmer. Und steht als Medienpersönlichkeit in der Sache "Ganzheitliche Medizin" nicht selten im Kreuzfeuer der Kritik. "Ich muss die Schritte weiter für mich gehen, damit es eine wissenschaftliche Relevanz bekommt und akzeptiert wird", so Grönemeyer.

Grönemeyer spricht seit Jahren über eine "menschlichere Gesundheitsversorgung". Über sein Ideal einer Welt, in der jeder Arzt- oder Krankenhausbesuch ein zugewandter, neugieriger, entspannter und möglichst angstfreier Austausch zwischen Medizinern und Patienten ist. "Wie weit sind wir davon noch weg?", fragt Moderator Tom Grote. Nach einer langen Pause sagt Grönemeyer: "Weit."

Wenn die Ärztin oder der Arzt sich Zeit nimmt für mich – und mich informiert, was zu tun ist – verstehe ich, was da auf mich zukommt.

Dietrich Grönemeyer darüber, warum eine ganzheitliche Gesundheitsversorgung Vertrauen schafft.

Als Kind hatte Dietrich Grönemeyer Angst vor Ärzten. Und heute? Heute will er vorleben, was im Gesundheitssystem fehle. Vertrauen und Zuversicht. "In der Auseinandersetzung mit der Angst bekommst du Angst. Angst kann man überwinden, wenn man sie versteht. Wenn die Ärztin oder der Arzt sich Zeit nimmt für mich, mich informiert, was zu tun ist, verstehe ich, was da auf mich zukommt, lehne ich mich zurück, schließe die Augen und sage: Mach mal."