Die Morgenandacht Warten
Standdatum: 6. Februar 2025.
Die Morgenandacht Warten
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Wenn die Straßenbahn einem vor der Nase wegfährt, ist das Warten auf die nächste Bahn ärgerlich. Aber muss das so sein?
Da fallen sie zu, die Türen – und sie fährt los. Mist! Diese Straßenbahn habe ich verpasst. Und erst in zehn Minuten kommt die nächste. Wie ich es hasse, warten zu müssen. Nutzlos an der Haltestelle zu stehen und nichts Sinnvolles tun zu können. Warten. Leerlauf. Vergeudete Zeit. Reflexhaft greife ich in die Hosentasche. Zum Glück gibt es das Handy, mit dem sich jede noch so kleine oder große Lücke im Tagesablauf stopfen lässt. Es gibt schließlich nichts Schlimmeres, als unproduktiv zu sein und das Leben nicht voll auszunutzen. Oder?
Schaue ich einmal genauer auf unseren Jahreskreislauf, bin ich ganz überrascht, wie oft es eigentlich ums Warten geht. Wir warten sehnsüchtig wochenlang auf die Ferien – auf den eigenen Geburtstag – oder auf Weihnachten. Und da zeigt sich: Auch im Kirchenjahr spielt das Warten eine ganz besondere Rolle. Im Advent warten wir darauf, dass Gott in unsere Welt kommt. Und während der Passionszeit bereiten wir uns gedanklich schon auf Karfreitag vor – und damit irgendwie auch auf Ostern.
Warten ist da keine sinnlose, verschwendete Zeit. Warten gibt den Dingen, auf die gewartet wird, Bedeutung. Wenn wir warten, werden wir ungeduldig – unsere Sehnsucht wächst, und das, was da kommt, wird uns immer wichtiger. Und: Warten entlastet. Es zeigt mir: Ich kann gar nicht alles selbst tun und schaffen. Manchmal gilt es einfach, auszuharren und zu vertrauen. Das, was ich erwarte, wird kommen. Ganz gewiss.
So denke ich bei mir, schon etwas beruhigt. Setze mich auf die Bank und warte auf die Straßenbahn nach Hause. Und schaue dabei gar nicht mehr aufs Handy – auch, als aus den zehn Minuten mal wieder fünfzehn geworden sind.