Die Morgenandacht Luft holen
Standdatum: 11. März 2025.
Die Morgenandacht Luft holen
Informationen zum Audio
- Verfügbar bis: 11. März 2027 Informationen zur Verweildauer
Als Asthmatikerin weiß Pastorin Elisabeth Seydlitz, wie schwer es werden kann, wenn einem die Luft wegbleibt. Das Motto der diesjährigen Fastenaktion der evangelischen Kirche "Luft holen" ist ihr darum sehr nahe und vertraut.
"Einatmen. Ausatmen. Einatmen. Ausatmen." Ich sitze beim Lungenfacharzt. Als Allergikerin lasse ich regelmäßig meine Lunge kontrollieren. So sehr ich mich auf den Frühling freue, die tränenden Augen und die rasselnden Bronchien sind nicht witzig. Birkenpollen und Haselnuss machen mir in dieser Zeit das Leben schwer. Deswegen werden meine Atemströme aufgezeichnet und ausgewertet. Und danach entschieden, welches Medikament für mich hilfreich ist.
Nun sitze ich also wieder einmal hier und atme nach den Anweisungen einer Mitarbeiterin: Einatmen. Ausatmen. Einatmen. Ausatmen. Das klappt mühelos. Schwieriger wird es, wenn ich so tief einatmen muss wie es nur geht und mit aller Kraft so lange ausatmen, bis ich buchstäblich aus dem letzten Loch pfeife. Bei dieser Übung bin ich konzentriert und atme äußerst bewusst.
Ich werde neu dankbar dafür, dass ich für gewöhnlich gar nicht darüber nachdenken muss, wie und ob ich atme. Dass Atmen einfach so geschieht. Schon vom Moment der Geburt an. Jede Sekunde, Jahrzehnte lang von morgens bis abends und natürlich nachts, wenn wir meinen, wir würden nur schlafen. Beim Arbeiten und Feiern, beim Treppensteigen, da dann etwas schwerer – nie hört das Atmen auf. Erstaunlich lautlos begleitet es mein Leben. Und das, obwohl ich pro Tag etwa 12.000 Liter Luft einatme. Das sind 75 gefüllte Badewannen. Jeden Tag 75 Badewannen voll Luft in mir!
Wie wenig selbstverständlich dies alles ist, merke ich, wenn mir der Atem stockt. Wenn sich Blütenpollen auf meine Bronchien legen und mir das Einatmen schwerer fällt. Wenn sich Sorgen auf meine Seele legen und mir innerlich die Puste ausgeht. Dann brauche ich etwas, was mir hilft, einzuatmen. Gegen meine Allergie hilft Medizin. Gegen meine innere Atemlosigkeit hilft, dass ich mich auf etwas Schönes besinne. Darauf, dass es nach dem kargen Winter wieder Frühling wird. Egal, wie dunkel es war, es wird wieder hell. Wenn mir der warme Frühlingswind um die Nase weht, spüre ich dem Rhythmus des Lebens nach. Er verbindet uns immer wieder neu mit dem Atem Gottes. Ich merke: davon bekommt auch die Seele etwas ab. Weil es gut tut. Ich kann aufatmen. Und weiter atmen. Einatmen. Ausatmen. Einatmen. Ausatmen.