Die Morgenandacht So senkt man die Arbeitsmoral

Alexander Rolfes
Alexander Rolfes

Die Morgenandacht So senkt man die Arbeitsmoral

Eine dankbare Haltung bewahrt uns vor dem ständigen Drang zur Selbstoptimierung, ist der Theologe Alexander Rolfes überzeugt.

Bild: Katholischer Gemeindeverband Bremen

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Heinrich Böll erzählt in einer Geschichte von einem Fischer, der in seinem Boot an der Küste liegt und döst. Ein Tourist kommt vorbei und möchte mit ihm reden. "Ob er denn heute nicht mit dem Boot ausfahren würde", lautet die Frage des eilfertigen Touristen. Der wortkarge Fischer schüttelt nur den Kopf und verneint. Der Tourist kann dies einfach nicht nachvollziehen und versucht im weiteren Verlauf der Geschichte den Fischer von einer Ausfahrt zu überzeugen. Das Wetter sei schließlich so gut, der Ausblick auf das Wasser phänomenal und die Bedingungen für einen guten Fang einfach großartig. Ein immer noch stummes, aber bejahendes Nicken des Fischers ist auszumachen.

Die Anspannung und Nervosität des Touristen wird immer größer und irgendwann kann er die Frage nicht mehr zurückhalten, warum der Fischer denn nicht endlich aufs Meer ausfahren würde?! "Weil ich heute schon ausgefahren bin", lautet dessen knappe Antwort. Er habe sogar genug Fische für die kommenden drei Tage gefangen. Nun kann der Tourist gar nicht mehr an sich halten und rechnet dem langsam erwachten Fischer vor, dass er mühelos seine Fangquote verdoppeln oder sogar verdreifachen könne. Und täte er dies, dann könne er mit dem Gewinn in ein Geschäft investieren, Personal einstellen, noch mehr Boote kaufen, mit einem Helikopter über das Meer fliegen und so die Fischschwärme ausmachen, die Lachsrechte erwerben und ein Fischrestaurant eröffnen.
Dem Touristen verschlägt es vor lauter Begeisterung ob seiner Idee immer wieder die Sprache; er wird immer hektischer, so begeistert ist er von seinem Plan. Und wenn all seine Visionen und Pläne allesamt wahr werden würden, dann könne sich der Fischer irgend eines noch fernen Tages beruhigt in eines seiner Boote legen und entspannt in der Sonne im Hafen dösen. "Ja, aber das kann ich ja jetzt schon", lautet die wieder mal knappe Antwort des Fischers.

Diese Anekdote ist von Heinrich Böll mit einem Augenzwinkern erzählt worden und trägt die Überschrift: "Anekdote zur Senkung der Arbeitsmoral." Und sie enthält bei allem Witz sehr viel Wahres. Dankbarkeit zu zeigen für das, was bereits jetzt ist und ich mein Eigen nennen darf und kann. Diese dankbare Haltung bewahrt uns vor dem ständigen Drang zur Selbstoptimierung und der Idee, immer und ständig noch mehr zu wollen. Gerade im mitunter auch hektischen Alltag muss ich immer wieder an den Fischer in seinem Boot und vor allen Dingen an dessen Ruhe und Zufriedenheit denken. Und wenn ich dieses Bild verinnerlicht habe, empfinde ich sofort Entspannung und komme wieder bei mir an.


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  • Alexander Rolfes

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