Die Morgenandacht Mike Tyson

Uwe Cassens
Uwe Cassens

Die Morgenandacht Mike Tyson

Der Geburtstag einer Legende veranlasst Uwe Cassens zu einem Blick in die Biografie eines sehr bewegten Menschenlebens. Und er entdeckt die Hoffnung die in einem Neuanfang stecken kann.

Bild: Bremische Evangelische Kirche

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Seine Schlagkraft war unglaublich. Er war Weltmeister. 58 Profikämpfe als Schwergewichtler hat er bestritten. In seinem Kampfrekord stehen 44 K.O Siege: Mike Tyson. Heute hat er Geburtstag. 57 Jahre wird er alt. Meine Gratulation wird ihn wohl kaum erreichen. Ich sage trotzdem: Herzlichen Glückwunsch, Champ! Während seiner aktiven Zeit – also zwischen 1985 und 2005 – habe ich ihn nie so richtig gemocht. Er hatte nichts von der Eleganz eines Mohammed Ali. Und schon gar nicht die Eloquenz eines Henry Maske. Völlig unten durch war Tyson bei mir nach dem 28. Juni 1997. In Las Vegas kämpfte er gegen den Weltmeister Evander Holyfield. Es lief nicht gut für Tyson, und in seinem Frust und Zorn biss er seinem Gegner ein Stück des rechten Ohrs ab.

Ein amerikanischer Sportartikelhersteller hat in diesem Jahr einen genialen Werbespot geschaltet. Fast 30 Jahre nach dem skandalösen Ohrenbiss: Mike Tyson klingelt an der Haustür von Holyfield. In der Hand ein kleines Päckchen. Holyfield öffnet, und Tyson sagt mit verlegenem Lächeln: "I‘m sorry, Evander." Es tut mir Leid. Und dann hält er dem Gegner von einst das Päckchen hin: "It‘s your ear". "Dein Ohr. Ich habs in Formaldehyd eingelegt." Und dann umarmen sich die beiden. Lachen. Halten sich fest. Nur ein Werbespot. Produziert, um Geld zu verdienen. Trotzdem großartig. Und plötzlich habe ihn irgendwie gemocht, den alten Mike Tyson. Eigenartig. Es muss nur eine gewisse Zeit vergehen, dann ändern sich so manche Urteile, die wir gesprochen haben. Der Blick auf Kontrahenten von früher wird milder. Menschen können sich ändern.

Jahrelang hatte Tyson mit privaten Problemen zu kämpfen. Körperverletzungen. Drogenbesitz. Inzwischen hat er eine Kehrtwendung hingelegt. Auf dem Broadway hat er Theater gespielt. Ein Buch hat er geschrieben. Ein Heiliger ist er nicht. Er ist ein Sünder – wie ich. Und vor allem: Er ist ein Geschöpf Gottes – so wie Sie und ich. Ein Beispiel dafür, dass niemand hoffnungslos verloren ist. Dass jeder eine zweite Chance verdient hat, und dass man dem Leben eine andere Richtung geben kann. Nein, seinen Geburtstag werde ich heute wohl nicht großartig feiern. Aber irgendwann im Laufe des Tages werde ich doch wohl einmal an Mike Tyson denken. Ihn wahrscheinlich sogar in mein Gebet einschließen und darum bitten, dass Gott ihn segnet. Und dann – möglicherweise – in der Rückschau auf seine längst vergangene Drogenkarriere einen Schluck Mineralwasser auf ihn trinken.

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