Die Morgenandacht Die Prinzipien der Gerechtigkeit

Wolkenhimmel, dahinter Lichtstrahl

Die Morgenandacht Die Prinzipien der Gerechtigkeit

Was ist gerecht? Darauf kann es unterschiedliche Antworten geben, sagt Elisabeth Hunold-Lagies. Zum Beispiel: Jeder bekommt, was er braucht.

Bild: Pixabay

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Was ist gerecht? Darauf kann es unterschiedliche Antworten geben, sagt Elisabeth Hunold-Lagies. Zum Beispiel: Jeder bekommt, was er braucht.

Was ist gerecht? Diese Frage begegnete uns bereits gestern im Zusammenhang mit dem biblischen Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg. Es wurde deutlich, dass sich die Antworten darauf je nach Standpunkt erheblich unterscheiden.

In unserem Denken weit verbreitet ist das Prinzip der Leistungsgerechtigkeit. Wer viel leistet, bekommt auch viel Lohn. Und gleiche Arbeit verdient gleichen Lohn. Ein anderes Prinzip, die Bedürfnisgerechtigkeit, fragt eher danach, was der einzelne Mensch braucht, nicht, was er leistet.

Ich kenne eine sehr sprechende Zeichnung, deren Aussage auch ohne Worte verstanden wird. Drei Menschen sehr unterschiedlicher Größe wollen über eine Mauer einem Fußballspiel zusehen. Es stehen drei kleine Podeste zur Verfügung, auf die die Fußballfans klettern können. Ist doch klar, was gerecht ist: Jeder kriegt eins, oder?

Die erste Zeichnung zeigt, dass bei dieser Verteilung der kleine immer noch nichts sieht, während der große weit über die Mauer gucken kann. Der mittlere hat gute Sicht. Die zweite Zeichnung zeigt: Der große kann auch ohne Podest etwas sehen, beim mittleren bleibt alles gleich, und der kleine bekommt zwei Podeste übereinander – auch er kann jetzt am Geschehen teilhaben.

Was in dieser kleinen Alltagsgeschichte so selbstverständlich scheint, wird in anderen Lebensbereichen oft nur schwer akzeptiert. Wir achten sehr genau darauf, dass wir gerecht behandelt werden, und dazu gehört eine unserer Leistung angemessene Bezahlung, ein Lebensstil, der unserem Status, unserem Platz im gesellschaftlichen Gefüge entspricht. Das ist verständlich; es gibt gute Argumente für eine solche Haltung.

Daneben steht die Realität, dass es viele Menschen gibt, die nicht, noch nicht oder nicht mehr die nötigen Leistungen erbringen können. Was ist mit ihnen und ihren Bedürfnissen, mit der Notwendigkeit, den Lebensunterhalt bestreiten zu können?

Einen Gegenentwurf spricht die bekannte Vater-unser-Bitte "Unser tägliches Brot gib uns heute" aus. Es geht weder um "mein" Brot noch um das Anhäufen von Versorgungsgütern über den täglichen Bedarf hinaus. Es geht ganz schlicht darum, dass alle heute versorgt werden; dass alle "über die Mauer hinweg" gucken können.

Autor/Autorin

  • Elisabeth Hunold-Lagies

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