Die Morgenandacht Erinnere Dich
Stand: 3. Oktober 2023.
Die Morgenandacht Erinnere Dich
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Am Tag der deutschen Einheit erinnert sich Pastorin Anja Bär an den Mauerfall. Sie zieht für sich Bilanz nach 33 Jahren Einheit. Was ist gut und was vermisst sie.
Ich erinnere mich gut an den Tag des Mauerfalls. Es war der 9. November. Schicksalstag der Deutschen wird er oft genannt.
Ich weiß noch genau, wo ich mich befand, als die Nachricht im Radio kam, dass die Grenzübergänge nach Berlin West geöffnet sind. Ich saß in Berlin Mitte auf der Treppe unserer Wohnung und unterhielt mich mit meiner Mutter. Treppengespräche nannten wir das.
Der Tag, an dem aus zwei deutschen Staaten einer wurde, ist mir dagegen nicht so sehr in Erinnerung. Zu viel war zwischen dem 9. November 1989 und dem 3. Oktober 1990 geschehen. Zu sehr hatten die Ereignisse sich überschlagen.
Das erste Datum ist mit tiefen aufwühlenden Emotionen voll Erwartung verbunden, das andere eher mit einer stillen Dankbarkeit darüber, dass die friedliche Revolution friedlich geblieben ist. Eine sanfte Freude über die Möglichkeiten, die sich eröffneten – für mich und für Millionen andere Menschen in Ostdeutschland.
Zugleich weiß ich und ich fühle es auch, dass längst nicht alles richtig war und ist. Und blühende Landschaften, wie am Vorabend der Vereinigung vom damaligen Kanzler Kohl noch einmal versprochen, gab es lange nicht. Eher im Gegenteil.
Dennoch oder vielleicht deshalb ist der 3. Oktober für mich ein Tag, an dem ich mich gern besinne. Ich sehe das, was wir haben, was wir gemeinsam geschafft haben. Und ich sehe auch das, was nicht mehr ist, manches davon vermisse ich.
In der Bibel wird das Volk Gottes immer wieder ermahnt, sich zu erinnern, was es alles schon erreicht hat und wie es hindurchgeführt, zum Teil sogar hindurch getragen wurde. Warum? Damit wir im Gestern leben? Nein, die Erinnerung dient dazu, dankbar für das zu sein, was war und voll Hoffnung auf das zu leben, was kommt.
Solche Tage wie heute sind wichtig. Sie laden mich ein, innezuhalten. Mir Zeit zu nehmen. Ich kann nach hinten schauen und mich an dem freuen, was schon geworden ist. Ich kann Danke sagen, weil so viel gut ist. Und ich kann die Dinge ansehen, die ich vermisse und die guten Erinnerungen daran bewahren. Das alles gehört zu mir, macht mich demütig und zugleich hoffnungsvoll.