Die Morgenandacht Wer auf Gott vertraut

Heute ist "Hoschana Rabba", ein wichtiger jüdischer Festtag. Pastorin Anja Bär erzählt von einer großen Tradition und befreienden Gedanken.

Heute ist "Hoschana Rabba" – ein jüdischer Festtag am Ende der Feierwoche zum Erntedank. Noch nie davon gehört? Hatte ich auch nicht. Aber jetzt finde ich den Tag super. Es ist ein Tag voller Hoffnungen und Wünsche. Ein Tag mit Ausblick.

Hoschana ist die Bitte um Erlösung. Erlösung als eine Art frei werden von Schuld und Bindungen. Also auch Erlösung oder Auslösen aus lebensfeindlichen Umständen, wie zum Beispiel Beziehungen, die zerstörerisch sind. Oder viel unmittelbarer: Erlösung aus Mangel, Mangel an Freude, Mangel an Nahrung, Mangel an Lebensraum.

Hoschana wird an jedem Tag der Festwoche gebetet. In dieser Woche schlafen die Gläubigen in einem Zelt aus Zweigen und Blättern. Dieser Brauch macht die Nähe zu Gott besser erfahrbar.

Am letzten Tag der Woche, an Hoschana Rabba, bitten die Menschen um ausreichend Wasser für das kommende Jahr und dann ziehen sie zurück in ihre Häuser. Und sie hoffen darauf, dass sie die erlebte Nähe zu Gott mitnehmen können. Und dass er sie versorgt mit allem, was sie zum Leben brauchen. Und sie beten nicht nur darum, eigentlich erwarten sie es sogar. Sie vertrauen, dass Gott ihnen auch hinter ihren Mauern nahe ist.

Gott vertrauen, das halte ich für eine gute Idee. Vor allem dann, wenn die Zeiten schwierig sind. Und sie sind schwierig gerade – überall auf der Welt.

Psalm 91 spricht davon, dass ich Gott vertrauen kann und soll – vor allem in Zeiten wie diesen. Da heißt es, dass Gott selbst dafür sorgt, dass ich mich geborgen wissen darf. Auch und gerade dann, wenn Bedrohliches um mich her die Lebensfreude verdunkelt. Wenn die Erwärmung des Klimas mir Angst macht. Wenn die Gesellschaft, die meine Heimat ist, auseinanderdriftet. Wenn Angst mein Denken bestimmt. Gott weiß das alles. Und Gott spricht mir zu: Fürchte dich nicht, denn du gehörst zu mir. Das steht auch in der Bibel, beim Propheten Jesaja.

Mir gefällt die Idee von Hoschana Rabba sehr gut. Denn sie erinnert mich an meinen Ursprung, sie erinnert und verbindet mich mit dem Ursprung meines Seins, mit Gott. Und zugleich erinnert mich dieser Tag, dass Gott will, dass wir Menschen sind , die frei von lebensfeindlichen Bindungen sind, Menschen, die sich als Teil des Ganzen verstehen.