Die Morgenandacht Wie ich das Reich Gottes am Gemüsestand suchte…

Ragna Miller

Die Morgenandacht Wie ich das Reich Gottes am Gemüsestand suchte…

"Das Reich Gottes ist mitten unter Euch", sagt Jesus. Pastorin Ragna Miller sucht auch am Samstag am Gemüsestand danach, zwischen Brokkoli und Roter Bete.

Bild: Bremische Evangelische Kirche

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"Das Reich Gottes ist mitten unter Euch", sagt Jesus. Pastorin Ragna Miller sucht auch am Samstag am Gemüsestand danach, zwischen Brokkoli und Roter Bete.

Das Reich Gottes ist mitten unter euch. Sagt Jesus.
Heutiger Vorsatz an mich selbst: Finde das Reich Gottes, denn Jesus sagt, es sei mitten unter uns. Ich will mich also auf die Suche machen.
Denke: Schon mal gut, das heute Samstag ist, denn sonst müsste ich das Reich Gottes in meinem Computer und der Tastatur finden.
Der Tag beginnt ruhig – alle schlafen noch in der Wohnung, nur die Kater, der Wasserkocher und ich sind auf den Beinen. Ja, das Reich Gottes passt mir ganz gut zu einer stillen Wohnung, einer Tasse Kaffee und einem schnurrenden Kater auf dem Bauch. Ich atme ein und aus.
Das Reich Gottes ist mitten unter euch.
Beim Einkauf auf dem Markt wankt mein Vorsatz.

Aber ich halte ihn fest, schaue genau hin, sage mir leise in meinem Kopf:
Das Reich Gottes ist am Gemüsestand, liegt zwischen Radicchio und Rosenkohl, ersten Erdbeeren und Roter Bete vom letzten Jahr.
Es ist da – auch wenn der hippe Familienvater sich vordrängelt und der netten alten Dame mit seinem Weidenkorb den Weißkohl aus der Hand schubst.
Der Seelachs kostet das Kilo 18,60 Euro und das Reich Gottes ist mitten unter uns, wenn mich ein betrunkener Mann vor dem Rewe erst um 2 Euro anschnorrt und dann übel beschimpft. Ich hatte nur 1 Euro und 35 Cent in klein dabei und weiß nicht, was ich sagen soll. Denn ich weiß, dass er heute Morgen weder Kaffee noch Kater hatte.
Ich atme ein und atme aus. Das – Reich – Gottes – ist – mitten – unter – uns… Meine innere Stimme klingt wütend. Aber Vorsatz bleibt Vorsatz.
Ich sage dem meckernden Mann, dass ich es richtig blöd finde, beschimpft zu werden. Er guckt nur, nickt und geht. Ich sage dem hippen Papa, dass er gedrängelt hat, er erschrickt und sucht die alte Dame. Sie lächelt ihn an.

Ich kaufe den Weißkohl und denke: Das Reich Gottes ist mitten unter uns.  Auch auf dem Wochenmarkt, aber das war schon harte Arbeit.
Zu Hause versuche ich den Hausputz gerecht zu verteilen. Im Reich Gottes herrscht Gerechtigkeit, so denke ich mir, aber die Familie hat anscheinend ein anderes Bild von diesem göttlichen Reich. Vielleicht sollte man darüber einmal ins Gespräch kommen. Aber nun wankt mein Vorsatz. Ist das Reich Gottes auch mitten unter uns, wenn ich streite und mich nicht leiden kann? Wenn ich Mecker-Muddi bin und ähnlich wie der Mann vor Rewe unfair werde?
Das Reich Gottes ist … Nein. Zurück zum Plan. Ich entscheide mich, meinem Vorsatz zu folgen. Das Reich Gottes braucht vielleicht keinen Großputz. Ich koche Suppe in einem großen Topf, und stelle mir vor, wie riesig der Topf sein müsste, damit im Reich Gottes alle satt würden. Ich atme ein und ich atme aus.
Kind 2 fragt mich, warum wir jetzt 4 Tage Linsensuppe essen müssten, und ich erzähle ihr von meinem Tag und meinem Vorsatz und meinen Gedanken.
Das Reich Gottes ist mitten unter uns. Sage ich. Sie denkt kurz nach. Nimmt sich einen Kater und ruft eine Freundin an.
Vielleicht haben die zwei morgen auch einen Vorsatz…

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