Die Morgenandacht Hört zu
Stand: 14. August 2024.
Die Morgenandacht Hört zu
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Wie wichtig Zuhören ist, wird Pastorin Anja Bär einmal mehr deutlich, als sie einer Frau voller Angst begegnet.
Sie sitzt neben mir, tief erschüttert und erschöpft. Endlich fließen die Tränen, endlich bekennt sie: Ich kann nicht mehr, ich habe keine Kraft mehr. Jahrelang war sie immer für alle anderen da. Gab sich und alles, was sie besaß, um anderen das Leben schöner zu machen. Nun ist sie alt. Und sie fühlt sich weder gesehen noch gewollt. Wenn sie sich mal traut, ihren Kummer zu klagen, dann sagen ihr die Leute: Sieh doch mal, was du alles in deinem Leben vollbracht hast.
Ich halte ihre Hand, höre ihr zu. Mit frommen Sprüchen will ich ihr nicht kommen. Doch es drängt mich so sehr, ihr zu sagen, dass Jesus sie sehr wohl sieht, dass sie ihm wichtig ist. Ich schicke ein Stoßgebet zum Himmel und hoffe auf Erkenntnis. Da fällt mir Hiob ein. Hiob, der Mann, dem alles genommen wird. Erst verliert er seine Kinder, dann seinen Besitz und schließlich seine Gesundheit. Seine Freunde eilen zu ihm, um für ihn da zu sein. Nach einer langen Zeit des gemeinsamen Schweigens fangen sie an zu reden, Gründe zu suchen. Denn grundlos erleidet doch niemand solch ein Schicksal.
Es ist leicht, nach Fehlern zu suchen und sehr schwer, einfach den Mund zu halten und die Not des anderen auszuhalten. Hiob platzt dann auch der Kragen und er sagt: Hört einmal richtig zu, das wäre wahrer Trost. Hinhören, ohne gleich nach Antworten zu suchen. Innehalten, ohne zu urteilen. Das ist herausfordernd und natürlich gelingt es nicht immer. Ich bin versucht, den Kummer mit Worten abzuschwächen, ermutigende Worte zu sagen, nur damit ich nicht aushalten muss, wie schwer mein Gegenüber gerade an seiner Lebenslast trägt. Hört einmal richtig zu, das wäre wahrer Trost.
Ich höre ihr zu. Sie redet und die Tränen fließen. Ich sehe ihre Angst, keinen Platz mehr zu haben. Ich sehe sie und bin voller Liebe für sie. Als sie ruhiger wird, frage ich sie, ob ich für sie beten darf. Sie sagt ja. Und dann bete ich. Ich erzähle Jesus, wie sehr mich ihr Schicksal bewegt und bitte ihn um seinen Frieden. Der soll in ihren Kummer einziehen, ihr Ruhe und Zuversicht geben. Mehr habe ich nicht zu geben. Doch es kommt aus meinem Herzen. Und es ist gut so. Sie wird ganz ruhig, am Ende lächelt sie.