Die Morgenandacht Seufzen

Elisabeth Seydlitz
Elisabeth Seydlitz

Die Morgenandacht Seufzen

Unter jedem Dach ist ein Ach. Mit diesem Spruch ihrer Großmutter ist Pastorin Elisabeth Seydlitz aufgewachsen. Meist wird das "Ach" sorgsam gehütet und verschwiegen. Aber es tut doch gut, Sorgen auch einmal zu teilen.

Bild: Bremische Evangelische Kirche

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Unter jedem Dach ist ein Ach. Mit diesem Spruch ihrer Großmutter ist Pastorin Elisabeth Seydlitz aufgewachsen. Meist wird das „Ach“ sorgsam gehütet und verschwiegen. Aber es tut doch gut, Sorgen auch einmal zu teilen.

"Unter jedem Dach ist ein Ach". Das war ein beliebtes Sprichwort meiner Oma. Wenn ich mal schmollte und meinte, anderen Kindern ginge es viel besser als mir –  deren Eltern wären großzügiger, freundlicher, freier… sah sie mich mit ihren klugen Augen an und schüttelte den Kopf. "Unter jedem Dach ist ein Ach"!

Damit wollte sie mir sagen: Vergleich dich nicht mit anderen. In jedem Haus, in jeder Familie gibt es irgendetwas, was den Menschen dort zu schaffen macht. Irgendeine Sorge, die sie bewegt. Eine Last, die sie tragen und die sie aufseufzen lässt. Vielleicht eine Krankheit, eine seelische Belastung. Oder Streit. Eifersucht. Eine dunkle Stelle im Familienleben. Niemand soll davon erfahren. Das Ach bleibt unterm Dach. Das Seufzen dringt nicht nach außen. Und das ist ja auch verständlich. Man will andere nicht belästigen mit seinen Sorgen. Und man weiß ja auch nicht, ob das Ach beim anderen gut aufgehoben ist. Schließlich zeigt man sich schwach, wenn man über das redet, was einem zu schaffen macht. Wir zeigen uns lieber stark.

Dabei ist es gut, wenn man ab und zu das Dach lüftet und sein "Ach" zeigt. Einem guten Freund vielleicht oder einer guten Freundin. Einer Seelsorgerin. Jemandem, zu dem man Vertrauen hat. Das kostet Mut, aber es befreit. Und wenn derjenige dann auch von dem erzählt, was ihm zu schaffen macht, wenn er mir Anteil gibt an seinem "Ach", dann seufzen wir gemeinsam. Ich fühle mich nicht mehr allein. Sondern verbunden mit anderen.

Mein "Ach" kann mich auch mit Gott verbinden. Und mich ihm näher bringen. Ihm kann ich meine Not sagen. Wenn mir die eigenen Worte dafür fehlen, finde ich Worte in der Bibel, besonders in den Psalmen. In den Psalmen wird so mancher Stoßseufzer zum Himmel geschickt. "Herr, sei mir gnädig, denn ich bin schwach. Meine Seele ist sehr erschrocken. Ach, Herr, wie lange noch.", betet jemand zum Beispiel in Psalm 3. Wenn ich diese Worte nachspreche, besser gesagt nachseufze, fühle ich mich dem Beter nah. Und ich fühle mich Gott nah, denn er versteht mich auch ohne viel Worte.

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