Die Morgenandacht Das Vermächtnis des Martin Buber

Klaus Hagedorn
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Die Morgenandacht Das Vermächtnis des Martin Buber

Der jüdische Religionsphilosoph Martin Buber suchte in Jerusalem das Gespräch mit allen Seiten. Er wollte ein friedliches Zusammenleben zwischen Juden und Arabern, meint Klaus Hagedorn.

Bild: Katholischer Gemeindeverband Bremen

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Der jüdische Religionsphilosoph Martin Buber suchte in Jerusalem das Gespräch mit allen Seiten. Er wollte ein friedliches Zusammenleben zwischen Juden und Arabern, meint Klaus Hagedorn.

"Alles wirkliche Leben ist Begegnung." Diese Worte gehen auf Martin Buber (1878-1965) zurück. Der jüdische Religionsphilosoph wurde 1938 von den Nazis vertrieben und musste nach Jerusalem emigrieren. 1953 erhielt er in der Paulskirche in Frankfurt den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Begegnungen geschehen täglich zwischen uns Menschen. Dabei werden wir konfrontiert mit unterschiedlichen Ansichten, Standpunkten, Wertungen und Forderungen. Manche können wir teilen, andere bleiben uns fremd. Was es braucht: Dialogbereitschaft; Respekt voreinander; Empathie füreinander; die Fähigkeit zuzuhören, um das Gegenüber zu verstehen; Toleranz gerade dann, wenn wir Unterschiedlichkeiten stehen zu lassen haben. Das ist oft sehr herausfordernd. Es ist aber unumgänglich, wenn wir für ein friedliches Zusammenleben einstehen wollen. Alles andere wäre kein "wirkliches Leben", keine "Begegnung", sondern – wie Buber sagt: "Vergegnung".

Martin Buber hat viel über die Grundhaltungen nachgedacht, die mit "wirklichem Leben" verbunden sind. Ein Kernsatz an seine jüdische Glaubensgemeinschaft lautet: "Wisse, wen du verachtest. Im Ebenbild Gottes hat er ihn erschaffen." Ihm lag die friedliche Koexistenz aller Menschen am Herzen. "Unsere Rückkehr nach Erez Israel", so sagte er, "will kein fremdes Recht beeinträchtigen." Und an anderer Stelle: "Ich darf ein Bekenntnis nicht verschweigen: es war für mich erschreckend in Palästina, wie wenig wir den arabischen Menschen kennen." Deshalb machte er sich in der zionistischen Bewegung dafür stark, das Gespräch mit der arabischen Bevölkerung in Palästina zu suchen. Denn er sah voraus: Zitat Buber: "Ein Machtwille, dem es nicht darum zu tun ist, 'mächtig' zu sein, sondern 'mächtiger als' zu sein, wird zerstörerisch."

Solche geistige Weite machte ihn für viele Landsleute höchst verdächtig. Nach der Staatsgründung Israels vor 75 Jahren kam es zum heftigen Streit zwischen ihm und dem damaligen Staatsgründer und ersten Premierminister David Ben Gurion. Dieser wollte einen starken Staat Israel – in harter Abgrenzung zu den Palästinensern. Buber hielt dies für falsch und brandgefährlich. Entschieden suchte er das Gespräch mit allen Seiten. Er wollte eine Völkerföderation in Israel-Palästina erreichen. Zwei Völker sollten hier leben können in Selbstbestimmung, in Autonomie und mit freier Entscheidungsmöglichkeit.  

Hellsichtig sah er voraus: "Es kann heute keinen Frieden zwischen Juden und Arabern geben, der nur ein Aufhören des Krieges wäre; es kann nur noch einen Frieden der echten Zusammenarbeit geben. Unter so vielfach erschwerten Umständen ist es noch heute und mehr als je das Gebot des Geistes, die Zusammenarbeit der Völker anzubahnen." Es ist wieder zum Verzweifeln. Denn: Wie kann nach den Massakern und Verheerungen, die jetzt geschehen sind und geschehen, überhaupt noch ein Zusammenkommen im Sinne Bubers und ein Frieden möglich werden?



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