Im Porträt Kunsthallen-Direktor mischt sich inkognito unters Publikum
Standdatum: 16. März 2023.
Christoph Grunenberg ist Herr über 2.000 Grafiken und Zeichnungen sowie mehr als 3.000 Gemälde, Skulpturen und Installationen aus 700 Jahren Kunstgeschichte. Seit bald zwölf Jahren leitet er die Kunsthalle Bremen. Im aktuellen Jubiläumsjahr schaut er wenig zurück, dafür umso mehr nach vorn, in die Zukunft.
Von seinem Schreibtisch sind es nur ein paar Schritte zu den großen Werken der Kunstgeschichte. Gern mischt sich Christoph Grunenberg in den Arbeitspausen inkognito unters Publikum: "Das ist mir wichtig mitzubekommen: Wie verhält sich das Publikum? Genießen sie es, ist da gute Stimmung? Das ist ein ganz wichtiger Teil der Arbeit."
Bei Auktionen wurden wir bis auf ganz wenige Ausnahmen immer überboten.
Christoph Grunenberg über die Schwierigkeit, zeitgenössische Kunst zu erwerben
Der Job des Kunsthallendirektors bewegt sich zwischen Management-Pflichten und schöngeistiger Kür. Mehr als 60 Beschäftigte gehören zum Team. Ausstellungen werden von langer Hand geplant, finanzielle Unterstützer umworben. Außerdem muss die hochkarätige Sammlung aktualisiert werden mit zeitgenössischer Kunst. "Die zeitgenössische Kunst ist noch unübersichtlicher als sie es jemals war", so Grunenberg. "Es ist in der Tat eine Herausforderung, in dem zeitgenössischen Kunstmarkt mit diesen unglaublichen Preisen als Museum noch mitzuhalten. Bei Auktionen wurden wir bis auf ganz wenige Ausnahmen immer überboten."
Es wird gefeiert: 200 Jahre Kunstverein!
In jüngster Zeit gehören auch Partyvorbereitungen zu Christoph Grunenbergs Aufgaben. Schließlich feiert der "Kunstverein in Bremen", der die Kunsthalle als privater Träger betreibt, in diesem Jahr seinen 200. Geburtstag. Dafür hat das Kunsthallenteam besondere Ausstellungen geplant. Sie werfen einen Blick auf die großen Schätze der Kunsthalle und auf ihre bewegte Geschichte. Aber es geht auch um die Zukunft. Ein Jugendkuratorium darf sich in einer eigenen Ausstellung ausprobieren: "Das ist ja eine der großen Herausforderungen von Kulturinstitutionen heute: wie wachsen wir in die Zukunft? Wie finden wir junges Publikum, wer tritt heute noch Vereinen bei? Und da wollen wir die Sorgen, Hoffnungen, Ängste der Jugend heute einmal ganz authentisch untersuchen mit unserem Jugendkuratorium."
"Das war eine unglaubliche Aufbruchzeit."
Christoph Grunenberg über seine Jahre bei der Tate Modern in London
Wie man ein Museum im 21. Jahrhundert zeitgemäß aufstellt, weiß Christoph Grunenberg unter anderem aus den USA und England. Er hat an der "National Gallery of Art" in Washington gearbeitet und war geschäftsführender Direktor am "Institute of Comtemporary Art" in Boston. Außerdem war er Direktor in der Tate Gallery Liverpool, nachdem er wertvolle Erfahrungen in der Tate London gesammelt hatte: "Das war eine unglaubliche Aufbruchzeit. Das war 2000– die Zeit in London als Tate Modern eröffnet hat. Und in dieser Zeit – das kann man wirklich sagen – war die Tate das weltweit führende Museum. Es war fortschrittlich. Mutig. Das waren für mich sehr prägende Jahre."
Als Christoph Grunenberg im August 2011 aus England nach Bremen kam, erlebte er zunächst einen Kulturschock: "Das Norddeutsche war mir dann doch gar nicht so bekannt. Und das hat schon sechs Monate gedauert, bis ich verstanden habe, wie die Menschen ticken. Gleichzeitig wurde man hier sehr warm aufgenommen und das macht natürlich schon Spaß, hier Teil der Stadtgesellschaft zu sein. Und die Stadt auch in gewissem Sinne mit zu formen."
Das macht natürlich schon Spaß, hier Teil der Stadtgesellschaft zu sein.
Christoph Grunenberg über seine Aufgaben in Bremen
Längst fühlt er sich in Bremen mehr zuhause als in Frankfurt, wo er geboren und mit vier Geschwistern aufgewachsen ist. Nach Eintracht Frankfurt und dem FC Liverpool schlägt sein Herz nun für Werder Bremen. Er ist also endgültig angekommen.
Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Gesprächszeit, 16. März 2023, 18:05 Uhr