Im Porträt Nur ein glücklicher Koch macht gute Arbeit: Sternekoch Vincent Klink
Standdatum: 15. November 2024.
Vincent Klink, der ursprünglich lieber Künstler geworden wäre, wurde auf Drängen seines Vaters Koch und meisterte eine erfolgreiche Karriere mit eigenem Restaurant, TV-Sendungen und einem langjährigen Michelin-Stern. Dennoch sagt der 75-Jährige, dass er nie mit ganzem Herzen Koch war, auch wenn er sein Handwerk beherrscht.
Dass er es kann, ist unstrittig: Was Vincent Klink seit den Neunziger Jahren in seinem Restaurant "Wielandshöhe" bei Stuttgart auftischt, wird in Kritiken als "perfektionierte Hausmannskost" gepriesen. Seine Küche gilt als schnörkellos, bodenständig, süddeutsch, mediterran. Und er sagt darüber: "Hummer und Kaviar kann jeder Depp. Aber einen guten Kartoffelsalat, den müssen Sie erstmal schaffen." Der müsse nämlich so schmecken wie damals bei der Oma. Oder idealerweise noch besser.
Nur ein glücklicher Koch macht gute Arbeit!
Vincent Klink über das Geheimrezept seines Teams
Damit Lammrücken, Kutteln, Maultaschen oder Spätzle zum unvergesslichen Erlebnis werden, treibt Vincent Klink viel Aufwand: Im Restaurant muss jedes Detail stimmen, jede Damastdecke, jeder Blumenschmuck. Seine Küche verarbeitet nur Ware aus ökologischem Anbau und artgerechter Tierhaltung. Seine 26 Mitarbeiter werden gut bezahlt, sagt er: "Nur ein glücklicher Koch macht gute Arbeit." Einen großen Teil seines Teams hat er aus anderen, teils akademischen Berufen abgeworben. Bei ihm arbeiten Architektinnen und Philosophen neben Physikern, Piloten und einer Pfarrerin – alle mit Koch-Ausbildung.
Seine schwäbische Welt steht nie still
Und was ist aus seinen Jugend-Ambitionen geworden? Ist in seinem Leben noch Platz für Kunst und Kultur? Wenn er beginnt, seine Aktivitäten aufzuzählen, kann einem schwindlig werden. Denn neben seinem Beruf als Sternekoch ist Klink auch noch Jazz-Musiker, Gelegenheitsfotograf, Buchrestaurator, Tischler, Motorradfahrer, Bogenschütze, Bildhauer, Grafiker, Drucker, Gärtner, Imker, Schafzüchter, Bergsteiger – und Buchautor.
Da gibt es alles! Verrückte. Tüftler. Genies. Lebemänner. Winzer. Gutes Essen. Schlechtes Essen.
Vincent Klink über seine schwäbische Heimat
Sein neuestes Buch heißt "Mein Schwaben" und ist eine umfangreiche und liebevolle Hommage an die Kulturgeschichte seiner Heimat. Wenn er darüber spricht, ist er kaum zu stoppen: "Da gibt es alles! Verrückte. Tüftler. Genies. Lebemänner. Winzer. Gutes Essen. Schlechtes Essen. Alles Mögliche! Dann allein das, was die schwäbischen Pfarrhaushalte an Genies ausgespuckt haben, also Hegel, Hölderlin, weiß der Teufel. Und des musst ich mer alles druffschaffe!“
Beim Essen fällt die Maske.
Vincent Klink über den wahren Charakter seiner Gäste
Seine vielseitigen Interessen und Tätigkeiten haben den umtriebigen Schwaben zu einem klugen, weisen und geradezu philosophischen Menschen gemacht. Und zu einem profunden Menschenkenner. In der Gastronomie sei das wichtig und fast unvermeidbar, sagt Vincent Klink: "Beim Essen fällt die Maske. Da vergisst man sich." Und er kann auch zu diesem Thema amüsante Anekdoten erzählen. Wie er sich zum Beispiel nicht davon beirren lässt, wenn ein Gast in löchrigem Pullover im Restaurant auftaucht. Klink sieht auch die Uhr des Mannes: "Fuffzichtausend Euro am Arm." So seien sie, die Schwaben: Tiefstapler, aber irgendwie soll der Status doch durchscheinen.
Im Alter wird er viel öfter zum Wirt seiner Gäste
In der Restaurantküche steht Vincent Klink kaum noch selbst am Herd – dafür hat er ja sein Team. Er kümmert sich lieber um die Gäste, die das von ihrem Starkoch auch erwarten. "Ich sehe mich weniger als Koch, mehr als Wirt." Insgesamt sei sein Leben im Alter etwas ruhiger geworden, sagt er. Aber das heiße nicht, dass er untätig sei oder sich gar langweile. Im Gegenteil: Er finde immer etwas, das noch getan werden wolle. "Ich kann nicht nichts tun", sagt er. "Geht nicht. Irgendwas muss ich wursteln."
Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Gesprächszeit, 15. November 2024, 18:05 Uhr