Im Porträt Deutschlands beste Schachspielerin mag es, wenn das Brett "brennt"

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Ein Porträt von Elisabeth Pähtz mit einer Schach-Figur in der Hand.
Bild: Paulina Hildesheim

64 quadratische Felder, weiß und schwarz – so sieht das Parkett aus, auf dem sich Elisabeth Pähtz seit Jahren souverän bewegt. Sie gehört zu den besten Schachspielerinnen der Welt. Großmeisterin der Frauen ist sie schon lange – aber als erste deutsche Frau darf sie nun auch den allgemeinen Titel "Großmeister" tragen.

Ein Porträt von Elisabeth Pähtz mit einer Schach-Figur in der Hand.

Gesprächszeit "Angst ist der schlechteste Begleiter" – Elisabeth Pähtz

Elisabeth Pähtz ist Deutschlands beste Schachspielerin. Ein gutes Gedächtnis, Kreativität und eine hohe Konzentrationsfähigkeit sind ihr Schlüssel zum Erfolg.

Bild: Paulina Hildesheim

"Wer den vorletzten Fehler macht, gewinnt" – so heißt die Biografie von Elisabeth Pähtz, die gerade auf dem Buchmarkt erschienen ist. Denn eine fehlerfreie Partie ist im professionellen Schachspiel eigentlich nur möglich, wenn der Gegner es einem sehr leicht macht, sagt die 38-Jährige: "Normalerweise kann man in jeder Partie Fehler finden, auch wenn es wirklich super kleine Fehler sind".

Angst ist der schlechteste Begleiter.

Elisabeth Pähtzs über Gefühle beim Schachspiel

Fünf, sechs Stunden kann eine Schach-Partie dauern. Das kostet viel Energie und bei Turnieren neigen sich da schnell die Kraftreserven zum Ende. Deswegen gehört Ausdauersport für Elisabeth Pähtz zu ihrem Sport dazu. Vor jedem Turnier erhöht sie noch mal das Pensum und wenn es darauf angekommt gilt es, vor allem seine Gefühle im Zaum zu halten: "Angst ist der schlechteste Begleiter. Wenn du Angst verspürst, weil die Stellung brenzlig wird, kann die Angst dich dazu verleiten, defensive Züge zu machen und nicht in die Richtung 'Angriff ist die beste Verteidigung' zu gehen".

Chaos beherrschen, wenn das Brett "brennt"

Spielweisen gibt es zuhauf. Elisabeth Pähtz mag es gerne, wenn das Brett "brennt". Man müsse sich das so vorstellen: "Man begibt sich auf eine siebenspurige Straße, wo aus allen Richtungen ein Auto kommt (…). Ich fühle mich in solchen Situationen auf dem Schachbrett sehr wohl und habe dann immer noch – obwohl es total chaotisch ist– einen guten Überblick."

Und manchmal entscheidest du dich dann nicht für den objektiv stärksten Zug.

Elisabeth Pähtz über taktische Spielchen

Einen hohen IQ braucht man nicht unbedingt, um an die Spitze zu kommen, so Pähtz. Viel wichtiger sind ein gutes Gedächtnis, Kreativität, eine sehr hohe Konzentrationsfähigkeit und mentale Stärke. Denn Psychologie spielt eine entscheidende Rolle: Liebt der oder die Gegnerin das Chaos oder lieber klare Strukturen? Unsportliches Verhalten wie Störgeräusche gebe es zwar nicht, aber mit aggressiven oder eher defensiven Spielstrategien kann man einiges bewirken: "Je nachdem, welcher Spielertyp dir gegenübersitzt, weißt du, was für ihn unangenehmer und ist und was für ihn angenehmer ist. Und manchmal entscheidest du dich dann nicht für den objektiv stärksten Zug – aber für den Zug, wo du weißt, dass dein Gegner die größeren Probleme hat."

Wunderkind – Ehre und Bürde zugleich

Elisabeth Pähtz wurde in eine Schachfamilie hineingeboren. Mit fünf Jahren saß sie zum ersten Mal bei einem Wettkampf am Brett, mit 14 war sie schon Deutsche Meisterin, mit 16 Großmeisterin der Frauen. Trainiert wurde sie von ihrem Vater, der selbst sein Geld mit Schach verdiente. Doch Medaillen oder Fernsehauftritte hat Pähtz vor allem in der Pubertät oft lieber verschwiegen.

Ich war anders als die anderen. Und das haben sie mich auf brutalste Art und Weise spüren lassen.

Elisabeth Pähtz über ihre Mitschüler in der Pubertät

Drei Mal hat Pähtz die Schule gewechselt, weil sie außerhalb der Schachwelt kaum Anerkennung bekam. Das Selbstbewusstsein litt: "Ich war eben anders als die anderen – und so wurde ich von den Mitschülern wahrgenommen. Plus der Neid, der dazu kam. Und das haben sie mich wirklich auf brutalste Art und Weise spüren lassen". Mit negativen Erlebnissen und Schicksalsschlägen kann sie heute gut umgehen: "Die größte Lehre vom Schach war, dass man relativ frühzeitig lernt, mit Niederlagen umzugehen."

Ihr Kampf für mehr Gleichberechtigung

Die Schachspielerin Elisabeth Pähtz
Elisabeth Pähtz war schon als Teenager Weltklasse. Bild: dpa | Elisabeth Pähtz/Lars OA Hedlund

Dass Mädchen und Jungen in Deutschland im Schach weitestgehend gleichberechtigt sind, gerade auch in Bezug auf die Nachwuchsförderung, ist auch Pähtzs Verdienst. 2019 ist sie aus der Nationalmannschaft zurückgetreten, nachdem sie über zehn Jahre lang internationale Medaillen geholt hatte – aber nur halb so hohe finanzielle Zuschüsse wie ihre männlichen Kollegen bekam. Jahrelang hatte sie auf diesen Missstand hingewiesen und wurde immer wieder vertröstet: "Dann bin ich zurückgetreten und dann haben sie gemerkt, dass es doch nicht so gut ist, wenn ich nicht mehr spiele. Weil die Nationalmannschaft dadurch wesentlich schwächer geworden ist und weil sie dadurch Medaillen bei Europa- und Weltmeisterschaften verlieren." Mit dem neuen Verbandspräsidenten wurde danach alles umgekrempelt. "Und jetzt würde ich sagen, sind wir ein Vorzeigeverband, was Gleichberechtigung angeht", freut sich Elisabeth Pähtz über ihren Einsatz.

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Gesprächszeit, 8. Februar 2023, 18:05 Uhr

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