Frauengeschichte(n) aus unserer Region Greten Handorf setzt sich als Reederin in einer Männerdomäne durch

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Greten Handorf (mit Umriss und farblich hervorgehoben), als Reederin der Fähre Cuxhaven-Brunsbüttel.
Bild: nn

Zu Lebzeiten war sie eine Cuxhavener Stadtlegende, heute ist sie fast in Vergessenheit geraten: Greten Handorf stammte aus einfachen Verhältnissen; und hat sich als Reederin in einer echten Männerdomäne durchgesetzt.

Nur ein paar Schritte vom alten Cuxhavener Hafenbecken entfernt, liegt die Fahrenholzstraße. Kopfsteinpflaster, kleine verwitterte Häuser. Heute wirkt die Straße eher verschlafen. Vor einhundert Jahren hauten hier Lotsen und Seefahrer ihr Geld auf den Kopf, es gab Amüsierdamen, Kneipen, Lokale. "Man nannte das hier damals das Bermuda-Dreieck", erzählt Gästeführerin Silke Hoffmann beim Rundgang durch das Viertel.

Genau durch diese Straßen musste Greten Handorf in den 1920er- und 1930er-Jahren jeden Tag zur Arbeit. „Wenn man am Hafen arbeiten und leben will, muss man schon ein bisschen resolut sein", sagt Hoffmann. "Vor allem in einer ganz stark von Männern dominierten Welt. Und da hat sie wirklich ihre Frau gestanden.“

Eine Geschäftsidee, um die Familie zu ernähren

Margaretha Catharina – genannt Greten – wird 1880 in Wrohm, einem kleinen Ort in Schleswig-Holstein geboren. Greten – die Tochter eines Schuhmachers – heiratet den Krabbenfischer Hannes Handorf. Greten Handorf zieht als junge Ehefrau und Mutter nach Cuxhaven, verkauft hier Fisch, Krabben und Brot. Ihr Sohn stirbt 1917 an Diphtherie. 1919, ein Jahr nach dem Ende des Ersten Weltkriegs, kommt Tochter Lily zur Welt.

Da fängt es schon an, dass Ehemann Hannes nicht mehr mit dem Krabbenkutter rausfahren kann. Er ist krank. Die Ehe bröckelt, Greten muss einen Job finden. "Die meisten Menschen verdienten hier ihr Geld im Hafen", sagt Silke Hoffmann. "Die Elblotsen sind schon seit 400 Jahren hier und zu denen hatte Greten Handorf eben eine Bekanntschaft." Sie kannte deren Probleme: Der Weg von einem Ufer zum nächsten. Dann kommt ihr die Idee: Sie kümmert sich selbst um die Fährverbindung.

"Kapitän Greten" wird stadtbekannt

Greten Handorf gelingt es, die im Ersten Weltkrieg eingeschlafene Fährverbindung zwischen Cuxhaven und Brunsbüttelkoog auf der anderen Elbseite wieder aufleben zu lassen. Sie baut den Krabbenkutter ihres Mannes in ein Passagierschiff um. Bei fast jedem Wetter fährt sie Lotsen und Passagiere über die Elbe. Obwohl sie im Volksmund schnell "Kapitän Greten" genannt wird, muss immer ein Mann mitfahren und das Schiff steuern.

Eine Seefahrtsausbildung für Frauen war damals noch Zukunftsmusik. Aber: Gretens Plan funktioniert. Badegäste, Lotsen, Einheimische – alle wollen mit ihr über die Elbe. Schon 1927 kauft sie mit dem Schleppdampfer "Mercur" dem Norddeutschen Lloyd ein deutlich größeres Schiff ab. Um mit der "Mercur" zweimal täglich über die Elbe zu fahren, braucht Greten Handorf allerdings die Genehmigung eines Berliner Ministeriums.

"Sie hat sich dann im Ministerium so lange auf den Flur gesetzt, bis der Fachberater dann mal Zeit hatte", sagt Hoffmann. Als Frau will man sie zunächst nicht vorlassen. Außerdem verstehen viele sie nicht: Sie spricht nur Plattdeutsch. Ihr Anliegen trägt sie trotzdem vor, dafür bekommt sie sogar ein Lob des Ministers.

Greten Handorf mit ihrem Pferdewagen im Hafengebiet.
Greten Handorf mit ihrem Pferdewagen im Hafengebiet. Bild: Stadt Cuxhaven, Stadtarchiv Cuxhaven | privat

Fotos aus der Zeit zeigen Greten Handorf entweder auf einem ihrer Schiffe oder sie sitzt mit einer Lederkappe auf dem Kopf und der Peitsche in der Hand auf ihrer kleinen Pferdekutsche. Ein Foto sticht dabei besonders hervor: Neben Greten sitzen zwei Männer mit Zylinder. Die Kutsche ist mit Blumen geschmückt, vorn sind zwei Flaggen befestigt – eine mit einem Hakenkreuz. Einen Nachweis für eine Parteimitgliedschaft gibt es laut Silke Hoffmann aber nicht. Greten Handorf sei öfter als Mietkutscherin angestellt worden.

Dem Hafen bleibt Greten Handorf bis zu ihrem Tod 1944 verbunden. Auf Plattdeutsch soll sie oft gesagt haben: "Nee, nee, ann Hoben kriegt sie mir nicht weg."

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, 30. März 2024, 13:40 Uhr

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