Was wir lesen 4 Bücher, die Lust aufs Kochen und Genießen machen
Wenn es draußen kalt und dunkel ist, macht genüssliches Werkeln in der Küche und geselliges Genießen am Esstisch besondere Freude. Wir haben vier Buchempfehlungen für Sie, die dazu inspirieren und neue Einblicke in die Kochkultur ermöglichen.
1 Teresa Präauer: Kochen im falschen Jahrhundert
Wenn die Emotionen hochkochen
Leise Jazzmusik im Hintergrund, der Crémant zur Begrüßung gut gekühlt, der Ofen für den Hauptgang vorgeheizt. Alle Zutaten für den perfekten Abend mit Freunden in der neuen Wohnung stehen bereit. Die Gastgeber wollen der kleinen Gästerunde ein unaufwendiges Essen servieren. Es gibt einen Salat aus Radicchio, Roter Bete, Birnen, Nüssen und Ziegenfrischkäse. Dann eine Quiche und als dekoratives Dessert: buntes Eis am Stiel. Aber statt des erhofften lässigen Beisammenseins mit guten Gesprächen schleicht sich leises Unbehagen ein. Und anstatt dass sich das wohlige Gefühl einstellt, alles richtig gemacht zu haben im Leben, kochen in dieser Szenerie inszenierter Lässigkeit andere Emotionen hoch.
Warum sich das Lesen lohnt
Es geht um Schein und Sein und viel Genuss. Teresa Präauer beschreibt pointiert, was sich an einem Abend unter Freunden alles zusammenbraut. Eine unterhaltsame Versuchsanordnung aus verschiedenen Perspektiven.
2 Tobias Roth, Moritz Rauchhaus: Die Speise- und Wunderkammer der exzentrischen Küche
Über das Essen der High Society
Loriots Rezept "Nilpferd in Burgunder" würde gut in dieses Kompendium passen. Stattdessen findet man in dem grafisch aufwendig gestalteten Buch exzentrische Menüvorschläge, die tatsächlich mal auf Speiseplänen standen: ob "Huhn in der Flasche", "Gebärmutter von der Jungsau" oder "Zebuhöcker mit Bittermelonen". Deren Zubereitung haben die beiden "Wunderkammer"-Autoren in einem Kochbuch von 1970 mit dem Titel "Köstlichkeiten internationaler Kochkunst" gefunden. Außerdem liefern sie viele aberwitzige Informationen über Köche, Küchen und Gerichte. Aus welchen Zutaten bestand der teuerste Hot Dog der Welt (für 123,00 Euro)? Wir bekommen viele kulturgeschichtliche Hintergründe, literarische Texte ergänzen den Band rund um ausgefallene Genüsse der High-Snobiety.
Warum sich das Lesen lohnt
Beim Stöbern in dieser kurzweiligen kulinarischen Schatzkammer verliert man sich schnell. Und wie sich die Essens- und Kochkultur im Lauf der Jahrhunderte verändert hat, wie unterschiedlich nationale Spezialitäten sein können, das wird einem hier bewusst.
3 Amarylis de Gryse: Der berühmte Tiefpunkt
Vom Essen in Krisenzeiten
Pralinen sind Mariekes täglicher Trost geworden. Denn ihre Ehe mit dem ungehobelten Metzgerssohn Blok bestand zuletzt nur noch im gemeinsamen Vertilgen von Würsten, Rippchen und Schweinebraten. Schließlich ist, wenn man in eine Metzgerfamilie eingeheiratet hat, der Kühlschrank immer gut mit Fleisch gefüllt. Marieke verlässt Blok und steht vor dem Nichts. Fortan lebt sie in diesem heißen belgischen Sommer in ihrem Auto und isst Pralinen. Der einzige weitere Halt: die alten Leute im Pflegeheim, denen sie das karge Leben als Altenpflegerin gerne ein bisschen verträglicher machen will. Und das funktioniert, weiß Marieke, vor allem über eine Verpflegung, die die Sinne anspricht. Als in der neu gebauten Einrichtung die wohlhabenderen Senioren bevorzugt behandelt und die ärmeren Bewohner aus Spargründen nur noch mit dem Grauen in Tüten abgespeist werden, geht Marieke auf die Barrikaden.
Warum sich das Lesen lohnt
Ein zu Herzen gehender Roman über die Relevanz von gutem Essen. Über den Geschmack der Kindheit und die Würde alter Menschen, denen man sogar elementare Bedürfnisse abspricht wie echtes, selbstgekochtes Apfelmus.
4 Huguette Couffignal: Die Küche der Armen
Mit über 300 Rezepten aus aller Welt - kurios und überraschend
Von der französischen Kochbuchautorin Huguette Couffignal gibt es keine Fotos und niemand weiß, wie, wann und wo genau sie lebte. Bekannt ist nur, dass sie seit Ende der 1960er Jahre Kochbücher schrieb und dass sie sehr viel reiste. Überall in der Welt hat sie in die Töpfe der Armen geschaut. Und in deren Alltagsküchen ging es an erster Stelle darum, dass Essen sättigen musste. Im vorangestellten Essay berichtet Couffignal vom Kampf um Nahrungsressourcen und von der Hackordnung in indischen und afrikanischen Familien: Die Frauen mussten bedienen und durften dann nur die Reste essen. Der umfangreiche Rezeptteil liefert aber Anleitungen zum Nachkochen und - backen: Hirsebrot der Tuareg und griechische Ei-Zitronen-Suppe zum Beispiel. Aber man findet auch Zubereitungstipps für Igel. Zum Beispiel gegrillt am Spieß waren die mal ein durchaus übliches Gericht in der europäischen Küche.
Warum sich das Lesen lohnt
Von A wie Alge bis Z wie Zito, wie ein serbischer heiliger Kuchen heißt: Man entdeckt schlichte Gerichte, von denen man nie gehört hat und die einem manchmal sogar das Wasser im Mund zusammen laufen lassen. Zum Glück haben die Herausgeber diese Neuauflage kommentiert und mit aktualisierten Angaben ergänzt.
Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, 06. November, 10:10 Uhr.