Luchs des Monats Mahmoud und seine Erlebnisse in Norwegen
Kindheit zwischen den Kulturen
Standdatum: 7. April 2022.
Der Luchs-Preis im April geht an Gulraiz Sharif für sein Jugendbuch "Ey Hör Mal". Ein einfühlsames Buch über eine pakistanische Einwandererfamilie, die versucht, ihren Platz in Norwegen zu finden, erzählt aus der Perspektive des 15-jährigen Mahmoud. Übersetzt wurde es von Meike Blatzheim und Sarah Onkels.
In seinem Roman setzt sich Sharif auf vielschichtige Weise mit den Identitätsproblemen migrantischer Familien der zweiten und dritten Generation in Norwegen auseinander. Sein 15-jähriger Ich-Erzähler Mahmoud stellt gleich zu Beginn des Romans klar: "Sommerferien. Super für norwegische Norweger, aber glaub mir, Alter, für uns Ausländer ohne Asche gar nicht super." Mahmoud bewirbt sich erst gar nicht auf einen Ferienjob. Seine Erfahrungen in einer rassistischen Gesellschaft haben ihn gelehrt, dass er aufgrund seines Namens keine Chancen hat. Gleichzeitig genießt er den Kulturschock seines aus Pakistan angereisten Onkels, den das freizügige Norwegen offensichtlich verwirrt.
Urteil der Jury
Ohne belehrend zu wirken, gibt Gulraiz Sharif seinen Leserinnen und Lesern auf verschiedenen Ebenen Material und Anlässe zum Selbst- und Weiterdenken", lobt Schriftsteller Hartmut El Kurdi in der aktuellen Ausgabe der Wochenzeitung "Die Zeit". Als Kind pakistanischer Eltern bediene sich Sharif selbstironisch verbreiteten Stereotypen: Da ist die Mutter, die ihre Kinder mit Schlappen schlägt, da sind der Drogenhandel im Viertel und migrantische Familien, die den Staat betrügen. Und er macht sich ebenso über die "norwegischen Norweger" lustig, über rechtspopulistische Parteien und über die propere, sozialdemokratische Kleinfamilie.
Im Verlauf seines Romans bricht er eine weitere Identitätsebene auf: Mahmouds kleiner Bruder Ali will ein Mädchen sein und fragt den großen Bruder: "Warum hat Gott einen Jungen aus mir gemacht?" Mahmoud stellt sich den Problemen, die an das Outing seiner kleinen Schwester Alia gebunden sind.
Die Luchs-Jury empfiehlt außerdem
- das Bilderbuch "Anna und Oma zählen los" von Mari Kanstad Johnsen (Beltz & Gelberg), empfohlen ab 5 Jahren.
- das Kinderbuch "Brummps" von Dita Zipfel, illustriert von Bea Davies (Hanser), empfohlen ab 6 Jahren.
- das Sachbuch "Der Blauwal" von Andreas Tjernshaugen, illustriert von Line Renslebråten (ctv), empfohlen ab 8 Jahren.
Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Der Tag, 7. April 2022, 15:10 Uhr