Neue Alben Der Selbstsichere und die Zerbrechliche: Musik zur Erklärung der Welt
Neil Young steht schon Jahrzente auf der Bühne und ist so sicher in seiner Musik, dass er das gefühlt unfertige Sudio-Live-Album zum Fertigen erkärt. Malva veröffentlicht gerade ihr erstes Album, ein fast zerbrechliches Werk voller intimen Einblicke in die Emotionswelt der Musikerin – Songs wie Tagebucheinträge.
1 Neil Young & Crazy Horse – World Record
Wenn es einen aus der alten Rockstar-Garde gibt, den der Nimbus eines unbeirrbaren Individualisten umgibt, dann ist es wohl Neil Young. Kurz nach seinem 77. Geburtstag veröffentlicht der Altmeister sein 42. Album. "World Record" – ein Albumtitel nicht im Sinn von "Weltrekord", sondern eine "Platte für die Welt". Besser noch: Die Rettung der Welt.
Wie klingt‘s?
Die Musik des Albums klingt wie aus dem Moment geboren, viele Texte wie spontan erfunden. Neil Young und Crazy Horse haben alles live im Studio gesungen und gespielt. Nur wenige Takes wurden aufgenommen, das Unfertige wurde rigoros zum Fertigen erklärt. Doch nicht Perfektion, sondern der Spirit des Ganzen ist die entscheidende Kategorie. Young spielt meist Piano, manchmal auch sein steinaltes Harmonium – Fans bestens bekannt. Gut abgehangene Rock-Energie ist auch mit im Spiel.
Warum hören?
Neil Young macht weiter auf seinem Kreuzzug für die Rettung des Planeten. Kaum ein anderer Altstar der Rockwelt setzt sich so vehement für Mutter Erde ein wie der Wahl-Amerikaner aus Kanada. Neil Young bleibt der störrische Altvordere mit eigenem Kompass. Seine kreativen Impulse sind noch intakt. Die Musik ist zwar durch und durch vintage, doch sie wurde gemacht für unsere Gegenwart.
2 Malva – Das Grell in meinem Kopf
Malva Scherer ist eine junge Musikerin aus München, 20 Jahre alt, und viele ihrer Leidenschaften wirken etwas aus der Zeit gefallen: Sie liebt analoge Fotografie, stöbert gerne in Second-Hand Läden und kauft Kleider aus den 1920er Jahren, beschäftigt sich intensiv mit Existenzialismus und der Gedankenwelt der Beatgeneration. Und: sie schreibt ihre Songtexte lieber per Hand mit Füller, als in einen Laptop zu tippen. Nun ist das Debütalbum dieser jungen Musikerin erschienen, dass eine Art Sammlung an Tagebucheinträgen geworden ist. "Das Grell in meinem Kopf" heißt es.
Wie klingt‘s?
"Das Grell in meinem Kopf" ist ein in sich gekehrtes, sanftes und phasenweise fast zerbrechliches Album geworden. Sie lebe viel in ihrem eigenen Kopf, sagt Malva. Das Schreiben helfe, die innere Welt festzuhalten und dann für die Außenwelt artikulieren zu können. Zusammen mit dem ebenfalls 20-jährigen Multi-Instrumentalisten Quirint Ebnet hat sie viele dieser Zeilen in 13 Songs festgehalten. Mal singt sie auf Englisch, mal auf Deutsch. Mit bildreichen Worten besingt sie dabei Alltäglichkeiten, Träumereien und unruhige Gefühle.
Warum hören?
Das neue Album von Malva ist eine gelungene Teamarbeit zwischen ihr als Sängerin und Texterin und Quirint Ebnet, der den Songs passende Klanggewänder geschneidert hat. Ein Album als Rückzugsraum vor dem Grell der Welt und natürlich dem Grell im eigenen Kopf.
Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, 25. November 2022, 14:13 Uhr