Die Morgenandacht Mitmensch sein

Die Aktion eines kanadischen Künstlers inspiriert Elisabeth Seydlitz über Mitmenschlichkeit nachzudenken. Dabei lernt sie von Jesus, der den Menschen am Rand der Gesellschaft mit besonderer Zuwendung begegnet.

"Hier liegt jemand. Kann mal jemand nach ihm sehen?" Solche besorgten Anrufe gehen bei der Polizei ein, wenn die Skulptur des kanadischen Künstlers Timothy Schmalz aufgestellt wird: Eine Bank, darauf liegt, besser gesagt kauert ein Mensch. Das Gesicht ist nur schemenhaft zu sehen. Die nackten Füße schauen unter einer Decke hervor. Wenn man genauer hinsieht, entdeckt man Wundmale in den Füßen. Der Obdachlose ist erkennbar als Jesus Christus. Alles aus Bronze. Täuschend echt. "Homeless Jesus" – "obdachloser Jesus" – hat Timothy Schmalz sein Kunstwerk genannt. Inzwischen gibt es weltweit über 100 Abgüsse des Originals. In Kapernaum in Israel, New York und Rom, in Singapur, Sydney und München wird damit an die Not wohnungsloser Menschen erinnert.

Gründe ohne Obdach zu sein gibt es viele. Eine Partnerschaft zerbricht, Jobverlust, hohe Mieten, Alkohol. Immer mehr Menschen können sich keinen bezahlbaren Wohnraum leisten und sind auf Hilfe angewiesen. Kaum einer sucht sich diese Lebensform freiwillig aus.

Jesu selbst stellt sich an die Seite der Menschen ohne Obdach. "Ich war fremd und obdachlos und ihr habt mich aufgenommen. Was ihr für einen dieser Geringsten getan habt, das habt ihr auch mir getan." Ein Aufruf zur Mitmenschlichkeit. Das meint mehr als Geld- oder Sachspenden. Es meint: den anderen nicht als lästig abtun. Sondern ihn ansehen. Wahrnehmen. Wertschätzen. Mit den Augen und mit dem Herzen. Ihm als Mit-Mensch begegnen.

Übrigens: auf der Bank der Skulptur ist neben dem "Homeless Jesus" noch Platz.
Man kann sich gerne zu ihm setzen.