Die Morgenandacht Pardon

Manchmal ist ein "Schwamm drüber" leicht, vor allem am Vorabend des "Pardon Day". Das geht nicht immer, doch Elisabeth Seydlitz weiß: Vergeben befreit, auch wenn es manchmal lange dauert.

"Entschuldige bitte, das tut mir leid." Zerknirscht steht meine Tochter vor mir und hält ihren Autoschlüssel in der Hand. "Der war in meiner Hosentasche." Ich überlege einen Augenblick, ob ich schmolle und ihr die kalte Schulter zeige. Denn ich habe gerade eine gute Stunde das ganze Haus nach diesem Schlüssel abgesucht. Weil sie behauptet hat, sie habe ihn zuletzt bei mir gesehen. Ich entscheide mich anders. "Schwamm drüber. Vergessen wir's." Es hilft nicht, nachtragend zu sein.

Morgen ist der Internationale "Pardon Day".  Ein etwas kurioser Feiertag. Es geht ums Vergeben und Vergessen. Nun, die Sache mit dem Schlüssel ist eine Kleinigkeit. Andere Streitthemen sind ernsthaft. Manche Wunden reichen tief. "Vergessen wir's", ist dann nicht so einfach möglich. Vergeben kann dauern. Groll kann sich über Jahre hinweg anstauen. Und manchmal ist wirklich nichts mehr zu kitten. Trotzdem verweisen nicht nur Psychologen darauf: Vergeben befreit. Auch die Bibel rät schon seit 2000 Jahren dazu: Seid aber untereinander freundlich und herzlich und vergebt einer dem andern, wie auch Gott euch vergeben hat. (Eph.4,32)

Vergeben einüben. Nicht aus Zwang. Sondern um meiner selbst und des anderen willen. Vergeben macht das, was geschehen ist, nicht ungeschehen. Aber es kann helfen, mit dem Vergangenen abzuschließen. Und frei zu werden für das, was kommt.

Das klingt nach großen Gesten. Deswegen würde ich den "Pardon Day" nicht überstrapazieren. Sondern ihn als Erinnerung verstehen, einander höflich und mit innerer Größe zu begegnen.