Die Morgenandacht Alkohol ist keine Entschuldigung

Ines Bauschke
Ines Bauschke

Die Morgenandacht Alkohol ist keine Entschuldigung

Neue Studien zeigen, dass Kontrollverlust und Aggression nicht zwingend zum Alkohol dazu gehören. Pastorin Ines Bauschke geht einer bedenkenswerten Forderung nach. Alkoholisierung soll keine Entschuldigung mehr bei Straftaten sein.

Bild: Bremische Evangelische Kirche

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Neue Studien zeigen, dass Kontrollverlust und Aggression nicht zwingend zum Alkohol dazu gehören. Pastorin Ines Bauschke geht einer bedenkenswerten Forderung nach. Alkoholisierung soll keine Entschuldigung mehr bei Straftaten sein.

Ich gebe zu, ich war auch schon mal betrunken. Hätte ich in dem Zustand einen Menschen niedergestochen, hätte ich vor Gericht womöglich mildernde Umstände bekommen. Wegen des Alkohols. Das Strafgesetzbuch sieht das vor. Wer sich unter Alkoholeinfluss nicht mehr kontrollieren könne, gelte als nicht voll schuldfähig und müsse für seine Tat auch nicht voll verantwortlich gemacht werden. Kein sehr verantwortungsvolles Gesetz. Denn es schützt die Täter, zulasten der Opfer.

Dass sehen Craig McAndrew und Robert B. Edgerton auch so. Bereits vor 50 Jahren haben die beiden britischen Autoren das Werk "Betrunkenes Betragen" verfasst. Dieser Klassiker der Suchtliteratur ist kürzlich wiederentdeckt und vom Psychiater Jacob Hein ins Deutsche übersetzt worden. Die beiden Ethnologen haben an unterschiedlichen Kulturen der Welt erkundet, wie sich Alkoholgenuss auf das menschliche Verhalten auswirkt. Ihre Erkenntnis: Menschen auf der ganzen Welt betragen sich betrunken völlig unterschiedlich. Je nach Tradition können sie aggressiv oder friedlich sein, sangeslustig oder gewalttätig. Und können selbst im Vollrausch noch geltende Tabus wahren, ein gewisses Maß an Verantwortlichkeit beibehalten. Es ist vor allem eine kulturelle Frage, wie sich betrunkene Menschen verhalten.

Dagegen halten westliche Gesellschaften, so die Autoren, eisern am Mythos vom Kontrollverlust bei Alkoholgenuss fest. Obwohl er wissenschaftlich eigentlich längst unhaltbar ist. Denn Alkohol ist nicht an allem schuld und damit auch keine Entschuldigung. Wenn zum Weihnachtsfest nicht nur die Glocken, sondern auch die Gläser klingen, sollte das zu denken geben. Es gibt keine Entschuldigung für außer Kontrolle geratene Weihnachtsfeiern, jedenfalls nicht durch Alkoholkonsum.

So gesehen ist auch der Apostel Paulus auf dem Holzweg, wenn er fordert: "Betrinkt euch nicht mit Wein, denn das führt zu Zügellosigkeit". Offenbar war Paulus in biblischen Zeiten der gleichen Kultur verhaftet wie heutige westliche Gesellschaften. Passender wäre hier die biblische Ermahnung: Wisst ihr nicht, dass euer Körper ein Tempel Gottes ist? Wer dieses Bibelwort beherzigt, geht sorgsam mit seinem Körper um und belastet ihn nicht mit dem Nervengift Alkohol, zumindest nicht in größeren Mengen.Was die kulturelle Prägung in unserer Gesellschaft angeht, würde ich übrigens im Vollrausch wahrscheinlich doch keine Gewalttat begehen und einen Menschen niederstechen. Ein blinder Fleck in den damaligen Studien der beiden Ethnologen besteht nämlich in der Differenz z

wischen weiblichem und männlichem Verhalten.

Auch hier gibt es Verhaltensunterschiede. Gewalt wird auch heute meist vom männlichen Teil der Bevölkerung ausgeübt. Bei Frauen ist Gewalt weniger akzeptiert. Gesetze, die vorwiegend männliche alkoholisierte Täter begünstigen, sollten daher schleunigst geändert werden.

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