Frauengeschichte(n) aus unserer Region Wie eine Innenarchitektin in Bremen ihrer Zeit voraus war
Standdatum: 13. Januar 2023.
Elisabeth von Baczko designt Anfang des 20. Jahrhunderts in Bremen Möbel, die hell, schlicht und modern sind. Damit ist sie ihrer Zeit voraus – und arbeitet als eine der ersten Innenarchitektinnen Deutschlands.
Es ist das Jahr 1905. Eine Frau Mitte dreißig, mit wachem Blick und einer Hochsteckfrisur, schaut sich Bremen an. Elisabeth von Baczko, ursprünglich Mainzerin, ist gerade hergezogen. Hier kann sie auf gute Aufträge hoffen, denn die Hansestadt ist ein Hot Spot in Sachen modernes Möbel-Design. Hier gibt es florierende Betriebe, die Möbel in Auftrag geben – wie zum Beispiel der Norddeutsche Lloyd. Vor allem aber sind in Bremen die "Vereinigten Werkstätten für Kunst im Handwerk" ansässig, ein modernes Möbelunternehmen, in dem viele Künstler arbeiten. Elisabeth von Baczko ist eine Innenarchitektin, die ebenfalls mit künstlerischem Anspruch ihre Möbel entwirft und fertigt.
Eine der ersten Tischlerinnen Deutschlands
Als eine von ganz wenigen Frauen in Deutschland ist sie dafür professionell ausgebildet: In den "Saalecker Werkstätten" nahe Jena hat sie bei Paul Schulze-Naumburg gelernt – einer der berühmtesten Reformarchitekten seiner Zeit. "Sie lernte bei ihm vermutlich das Tischlerhandwerk", erklärt Dr. Nils Aschenbeck, Lehrbeauftragter im Fach Designpädagogik an der Universität Vechta.
Schon bald nach ihrem Umzug in die neue Wahlheimat Bremen hat Elisabeth von Baczko beruflichen Erfolg: Sie entwirft zahlreiche Einrichtungen für die "Vereinigten Werkstätten" und sie baut Möbel für private Auftraggeber aus dem Bürgertum. Die schätzen ihren frischen und unverwechselbaren Stil: "Vor allem hat sie sehr einfache Möbel hergestellt. Es gibt keine schweren Schrankwände. Es sind ganz einfache Regale, ganz einfache Stühle (...). Es sind Möbel, die man ganz einfach verstellen kann. Man kann innerhalb von zehn Minuten sein Zimmer neu gestalten", weiß Dr. Nils Aschenbeck.
Man sieht dort im Grunde schon ein Muster für das viel später groß gewordene IKEA.
Nils Aschenbeck über Elisabeth von Baczkos Möbel
Schlichte, helle und bewegliche Einrichtungen – damit ist Elisabeth von Baczko ihrer Zeit voraus, stellt Nils Aschenbeck fest: "Man sieht dort im Grunde schon ein Muster für das viel später groß gewordene Unternehmen IKEA. Da sieht man auch sehr deutlich, wie modern die Arbeiten von Elisabeth von Baczko waren." Modern ist auch ihre Lebensweise. Eigentlich erwartet man von einer Frau ihres Standes, dass sie verheiratet ist. Doch sie bleibt ledig und lebt in einer Wohngemeinschaft mit ihrer Schwester, der Fotografin Felicitas von Baczko, der Schriftstellerin Sophie Gallwitz und der Kunstredakteurin Anna Goetze.
Deren Artikel über Elisabeths Arbeiten tragen dazu bei, dass die Innenarchitektin in Bremen bekannt wird und auch große Aufträge bekommt: "Sie hat ein Kinderheim von innen ausgestattet und sie hat mit Heinrich Vogeler zusammen das Vereinskrankenhaus in Bremen eingerichtet. Gerade diese Krankenzimmer, die sie entworfen hat, wirken heute besonders reduziert, besonders einfach und auch besonders hygienisch", so Nils Aschenbeck.
Wichtig in der Bremer Kunstwelt
Weitere zwanzig Jahre lebt und arbeitet sie danach noch in Bremen. 1933 zieht Elisabeth von Baczko um nach Berlin, wo sich bald ihre Spur verliert. Sie gerät fast völlig in Vergessenheit. Vielleicht weil sie keine Kinder hat, die ihren Nachlass pflegen. Wahrscheinlich auch noch aus einem anderen Grund, vermutet Nils Aschenbeck: "Dass sie als Frau doch nicht die Lobby hat, dass ihr Werk als großartig herausgestellt wurde, dass man den Ansporn hatte, es für die Nachwelt zu erhalten." Eins ist dennoch sicher: Die Innenarchitektin Elisabeth von Baczko war eine der wichtigsten Figuren in der Bremer Kunst- und Kunsthandwerkslandschaft des frühen 20. Jahrhunderts.
Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, 14. Januar 2023, 13:40 Uhr