Im Porträt Warum Frank Hilbrich mit einer politischen Oper in Bremen startete
Standdatum: 18. Dezember 2023.
Sein Metier ist die Oper, ob klassisch oder modern, aber er hat auch keine Scheu vor Operette und Musical. An großen Bühnen in Deutschland, Österreich, Ungarn und der Schweiz hat Frank Hilbrich inszeniert, bevor er vor eineinhalb Jahren in seine Heimatstadt Bremen zurückkehrte. Seitdem ist er leitender Musik-Regisseur am Theater Bremen.
Mit Verdis "Don Carlo" hatte Frank Hilbrich seinen Einstand im neuen Job im September 2022. Ein halbes Jahr nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine. Die alte Oper über Unvereinbarkeit von Macht und Menschlichkeit erhielt neue Brisanz: "Mir war es wichtig, mit einem Stück zu eröffnen, das klarmacht, Musiktheater hat eine gesellschaftliche Bedeutung."
So politisch ist die Oper
In dieser Saison hat Hilbrich die Oper "Doctor Atomic" des zeitgenössischen Komponisten John Adams auf die Bühne gebracht. Über die Ängste der Wissenschaftler vor dem ersten Atombombentest 1945 – passend zum Kinofilm "Oppenheimer": "In der Oper wird das dargestellt, was im Film fehlte. Im Film wurden die realen Ereignisse gezeigt – fertig. In der Oper fängt plötzlich an zu schwingen, was da eigentlich los ist mit den Menschen, die anfangen, wissenschaftliche Experimente zu machen, die sich gegen die Menschheit richten."
Komödie ist das Schwerste.
Frank Hilbrich über die Arbeit mit leichten Stoffen wie "Hello Dolly"
Dass Hilbrich nicht nur wuchtige Operndramen kann, sondern auch einfach nur gute Unterhaltung, hat er mit dem Musical "Hello, Dolly!" bewiesen, mit der Entertainerin Gayle Tufts in der Hauptrolle. Für die Operette "Orpheus in der Unterwelt", castete er die Travestie-Ikone Lilo Wanders. Allerdings sind leichtere Stoffe nicht einfacher zu inszenieren – im Gegenteil: "Die Arbeit an Komödien wie "Hello Dolly" sind Arbeiten, die gehen für uns im Regieteam wirklich nicht nur bis an den Rand der Erschöpfung, sondern oft auch noch darüber hinaus. Komödie ist das Schwerste."
Hinterm Wümme-Deich entstand das erste Puppentheater
Frank Hilbrich ist ein Bremen-Rückkehrer. Am 30. Dezember 1968 wurder er hier geboren, sein Vater war Englisch- und Sportlehrer am "Alten Gymnasium". Die Familie wohnte in Lilienthal, wo es damals noch ländlicher zuging als heute: "Wir haben die ersten Jahre am Wümme-Deich gewohnt und das erste, an das ich mich erinnern kann, ist, dass ich in die Wümme gefallen bin. Später sind wir umgezogen. Aber da war immer noch direkt eine Wiese vor der Tür. Unsere Nachbarn hatten eine Kuh, die war am gleichen Tag geboren wie ich. Die hieß Dörte."
Das muss mich so fasziniert haben, dass ich Figuren ausgeschnitten und an Fäden aufgehängt habe.
Nach einem Besuch im Theater entstand Frank Hilbrichs erstes Puppentheater
Hilbrichs Liebe zum Theater wurde als Grundschulkind geweckt. Die Klasse besuchte das Weihnachtsmärchen "Schneeweißchen und Rosenrot" im niederdeutschen Theater in Bremen-Walle: "Das muss mich so fasziniert haben, dass ich nach Hause kam und alles, was da war, irgendwie gemalt habe, und Figuren ausgeschnitten und an Fäden aufgehängt habe." Seine Eltern beobachteten die Begeisterung mit Wohlwollen: "Und dann bekam ich eine Marionette zu Weihnachten geschenkt und da hab ich dann tatsächlich auch gespielt, sehr viel. Und dann wurde daraus ein kleines Puppentheater."
Erste Schritte am Theater Bremen
Als Jugendlicher spielte er dann selbst auf der Bühne im Jugendclub des Theaters Bremen unter dem damaligen Schauspielchef Günter Krämer. Auch bei einer Fernsehserie von Radio Bremen hat Frank Hilbrich damals mitgewirkt, bei "Liebesgeschichten": "Da wurde man mit dem Auto abgeholt und bekam eine ganz absurde Wichtigkeit, die ich sonst nirgends erlebt habe. Ich finde auch, wenn ich das heute noch sehe, was ich gespielt habe, dass ich viel zu viel übertrieben habe. Dass ich da richtig kraftvoll Theater gespielt habe vor der Fernsehkamera."
Fortsetzung folgt?
Nach Abitur und Zivildienst wollte Frank Hilbrich dann Regisseur werden und lernte als Regieassistent an verschiedenen Theatern. Als wichtigste Lehrer nennt er Klaus Zehelein und Hans Neuenfels. Mittlerweile kümmert er sich selbst um den Theater-Nachwuch – zunächst als Dozent an der Musikakademie Basel und später als Professor für Szenischen Unterricht an der Universität der Künste in Berlin. Momentan pausiert Hilbrichs Lehrtätigkeit wegen der Arbeit am Theater Bremen. Sein Vertrag als leitender Musik-Regisseur läuft über drei Jahre. Gerade ist Halbzeit, aber Intendant Michael Börgerding hat ihm bereits signalisiert, dass er auch darüber hinaus am Theater Bremen gewünscht ist.
Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Gesprächszeit, 18. Dezember 2023, 18:05 Uhr