Im Porträt Kaffeesommelier René Fleischer sortiert schlechten Kaffee aus

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René Fleischer
René Fleischer ist vor über 20 Jahren auf Umwegen Kaffeesommelier geworden. Bild: Gollücke & Rothfos | Phil Porter

Er muss schlürfen, spucken und darf die Nase in duftende Kaffeetassen stecken. Doch bevor er seinen Traumjob als Rohkaffee-Verkoster fand, ist René Fleischer beruflich mehrfach abgebogen: als LKW-Fahrer, Barkeeper und Vertreter für Klopapier.

René Fleischer

Gesprächszeit René Fleischer findet die "Stinker" unter den Rohkaffee-Bohnen

Für René Fleischer ist Kaffee eines der vielfältigsten Produkte der Welt. Für das Bremer Handelshaus Gollücke & Rothfos begutachtet er Rohkaffee.

Bild: Gollücke & Rothfos | Phil Porter

Manchmal sind es nur 20 bis 30 verschiedene Sorten, die Fleischer während einer Rohkaffee-Verkostung probieren muss. Aber wenn in einem Land die Erntezeit beginnt, können es schnell mal 100 bis 200 Tassen Kaffee am Tag sein, die Fleischer am Tag begutachten darf. Das kann man sich wie bei einer Weinverkostung vorstellen, sagt er: "Wir schlürfen, wir spucken und jedes Land hat bestimmte Charaktere und die schmecken wir heraus".

Suche nach den guten und den schlechten Bohnen

Aus unterschiedlichen Ländern bekommen Fleischer und sein Team Muster-Lieferungen mit rohen Bohnen. In Bremen werden sie geröstet und dann einem ausgefeiltem Test-Verfahren unterzogen: Der Mahlgrad ist festgelegt, das Wasser so aufbereitet, das es einen bestimmten pH-Wert hat und dann wird genau festgelegt, wieviel Gramm Kaffee mit einer bestimmten Menge Wasser aufgebrüht wird. "Dann werden die Tassen markiert, wo Fehler sind. Jedes Land hat einen gewissen Charakter. Die anderen haben etwas mehr Säure, die anderen sind bekannt für ihre Floralität."

"Schmeckt wie ein Hangover-Hickup". Also ein leichtes Aufstoßen nach einer harten Nacht.

So nennt René Fleischer Kaffee, der mit vergorenen Bohnen aufgebrüht wurde
Kaffeebohnen auf einer Schaufel.
Die Musterbohnen, die Fleischer begutachtet, werden erst hier in Bremen vor der Verkostung geröstet. Bild: Radio Bremen

Aussortiert werden Sorten, die bei der Trocknungsphase mit zu viel dreckigem Untergrund in Kontakt gekommen sind: "Der schmeckt dann wie so frische Blumenerde." Manche Kaffees schmecken chemisch, weil sie in einem verunreinigten Container transportiert wurden oder nach Jutesack: "Wenn der Kaffee da zu feucht reingekommen ist, nimmt der sehr stark den Geschmack der Jute an und dann ist es wirklich so, als wenn man auf so einem alten Jutesack rumkauen würde. Ist nicht wirklich lecker", so Fleischer. Aber eine Bohne fürchtet er besonders: "Der berühmteste und schlimmste, den wir in der Kaffeewelt kennen, ist der berühmte 'Stinker'. Das ist dann eine überfermentierte Kaffeebohne, wo eine Bohne die komplette Tasse dahinrafft. Ich nenn es dann immer liebevoll: 'Schmeckt wie ein Hangover-Hickup'. Also ein leichtes Aufstoßen nach einer harten Nacht."

LKW-Fahrer, Barkeeper und Vertreter

Schon als junger Mensch war Fleischer schnell begeisterungsfähig für eine Sache. Denn bevor er seinen Traumjob als Kaffeesommelier gefunden hat, ist René Fleischer beruflich mehrfach abgebogen. "Zu gehen – darin habe ich nie eine Problematik gesehen." Seine Ausbildung machte er im Groß- und Außenhandel, doch die Schlips- und Kragen-Welt der Bürowelt ging ihm schnell gegen den Strich.

Mein Hauptverkaufsschlager war tatsächlich das Klopapier.

René Fleischer über seine Zeit im Außendienster eines Betriebshygiene-Großhandels

Während er als Bassist seiner Punk-Band noch auf den großen Durchbruch wartete, heuerte er als LKW-Fahrer an: "Es hat sich keiner darum gekümmert, wie du ausgesehen hast. Du hast easy von morgens um sieben bis nachmittags um vier Stückgut in Bremen transportiert und bist dann wieder nach Hause gegangen." Kurze Zeit später fragte ihn sein alter Chef vom Betriebshygiene-Großhandel, ob er nicht für ihn im Außendienst arbeiten wolle. Und so wurde der unbekümmerte Anfang Zwanzigjährige Vertreter für Spülbürsten und Reinigungsmittel. "Mein Hauptverkaufsschlager war tatsächlich das Klopapier", erinnert er sich lachend.

Der Kaffeehandel überforderte ihn erst

2001 bezeichnet René Fleischer als sein „Schicksalsjahr“. In diesem Jahr wurde er im Rohkaffee-Einkauf bei "Kraft Foods" – bekannt für die Marke Jacobs Kaffee – vorstellig. "An meinem ersten Arbeitstag ist eine Welt auf mich eingeprasselt, die ich überhaupt nicht verstanden hatte: Kaffeebörse New York, Kaffeebörse London. Brasilien, Äthiopien, Nicaragua, Indonesien – Länder, die ich vielleicht mal im Erdkundeunterricht auf der Landkarte gesehen habe."

Ich trinke den ganzen Tag Kaffee, bekomme Geld dafür – und bin kein Beamter!

René Fleischer über seinen Traumjob

René Fleischer tauchte in die Welt des Kaffeehandels ein und war zunächst völlig überfordert: "Ich habe zu meiner Frau gesagt: Ich glaube, ich schaffe das nicht. Das ist zu viel Wissen." Doch Fleischer lernte schnell, wie man die minderwertigen Bohnen erkennt und wurde gefördert. Er reiste nach Brasilien und lernte alles was er über Anzucht, Ernte und Transport der braunen Bohnen wissen musste. Nach 13 Jahren für "Kraft Foods" in der Schweiz hat Bremen ihn vor einigen Jahren wieder zurückgelockt. Seine Aufgabe, nur Produkte einzukaufen, die ohne Bedenken geröstet werden können, ist in den vergangenen 20 Jahren zu seiner Herzensaufgabe geworden: "Ich trinke den ganzen Tag Kaffee, bekomme Geld dafür – und bin kein Beamter", schmunzelt Kaffeesommelier René Fleischer.

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Gesprächszeit, 14. März 2025, 18:05 Uhr

Bremen Zwei Livestream & aktuelle Sendung.

Gesprächszeit mit Hilke Theessen

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