Frauengeschichte(n) aus unserer Region Hanna Ahrens – Die späte Wiederentdeckung einer Künstlerin
Stand: 25. April 2025.

Wer an das Künstlerdorf Worpswede denkt, dem fallen Namen wie Paula Modersohn-Becker ein. Aber ihr Name fällt trotz umfassendem Werk nie: Hanna Ahrens.
Wir schreiben das Jahr 1903 in der Freien Hansestadt Bremen. Das 20. Jahrhundert ist jung, der Fremdenverkehrsverein gründet sich, Bremen erreicht die Einwohnerzahl von 200.000. Eine von ihnen ist seit dem 28. Juni Hanna Anna Gesine Ahrens, Tochter eines Gerichtsschreibers, Enkelin eines Lehrers. Der Vater stirbt früh. Hanna wächst die ersten Lebensjahre bei ihren Großeltern auf, bis die Mutter wieder heiratet. Schon früh wird ihr künstlerisches Talent deutlich.

Licht ins Leben der Künstlerin Hanna Ahrens hat ein Hobby-Fotograf gebracht. Frank Fenken hat 2022 zufällig auf einem Bremer Flohmarkt eine Mappe von Hanna Ahrens gefunden. Darin gut 200, teils außergewöhnliche Werke: Comics, Landschaftsmalereien, Ölbilder über Studien aus ihrer Lehrzeit bis hin zu vielen besonderen Akten als Kohlezeichnungen. Er lässt sie schätzen, sie sind künstlerisch wertvoll.
Frühe Selbstständigkeit
Und damit wird ihre Geschichte wieder entdeckt: Ihr künstlerisches Talent lebt sie ab dem 21. Lebensjahr in der Norddeutschen Wäschefabrik aus, hat 50 Mitarbeitende unter sich, entwirft Kleider- und Wäschemuster. Schließlich macht sie sich selbstständig. Nebenbei besucht sie ab 1926 die staatliche Kunstgewerbeschule zu Bremen, der Vorgänger der heutigen Hochschule der Künste. Von da geht es für jeweils ein Jahr an Kunstschulen, die als modern und zukunftsorientiert gelten: Berlin, Paris und München. Hier setzt sich Hanna Ahrens mit Malerei, Mode- und Aktzeichnung auseinander.
Inspiration Landleben

Ihre Briefe aus der Zeit zeigen eine lebenslustige, humorvolle junge Frau, ihre Zeugnisse bescheinigen ihr ein gutes Talent. So wird sie hauptberuflich Künstlerin. Stil und die Motive von Hanna Ahrens ändern sich, sie ist inspiriert vom Landleben und malt einfache Arbeiterinnen, töpfert, modelliert, schnitzt, freundet sich mit bekannten Künstlerinnen und Künstlern wie Martha Vogeler, den Uphoff-Brüdern und Benni Huys an, wird Mitglied in der Reichskulturkammer und wird fester Bestandteil der Worpsweder Kunstszene. Von den ersten verkauften Werken baut sie ein Haus.
1937 der Einschnitt: Sie wird wegen Trunksucht entmündigt und erhält ein Berufsverbot. Trotzdem stellt sie weiter aus, bis ihre Entmündigung wieder aufgehoben wird. 1943 kommt ihr Sohn Michael zur Welt, unehelich, entstanden aus der Liebe ihres Lebens zu einem französischen Zwangsarbeiter. Sie weigert sich den Namen des Vaters zu nennen, verhindert so die Inhaftierung des Vaters und dass ihr das Kind genommen wird.
Damals war sie Vorreiterin der Emanzipation: Ein Kind alleine großgezogen, ihre Mutter versorgt, den Lebensunterhalt hat sie mit der Malerei verdient.
Gudrun Ahrens

Gudrun Ahrens, Witwe von Sohn Michael, hat zusammen mit ihrem Mann jahrzehntelang vergeblich versucht, das Werk Hanna Ahrens wieder in Erinnerung zu bringen. "Damals war sie Vorreiterin der Emanzipation, kann man sagen", sagt Ahrens. "Ein Kind alleine großgezogen, ihre Mutter versorgt, den Lebensunterhalt hat sie mit der Malerei verdient, hatte zwischendurch finanzielle Probleme, hat dann Flüchtlinge aufgenommen, Gartenarbeiten gemacht."
Zurück in Bremen malt sie nur noch wenig. Sie hält ihre kleine Familie als Krankenpflegerin, als Zigarrenherstellerin und Kontoristin über Wasser. Hanna Ahrens stirbt 1985 82-jährig, erschöpft und zurückgezogen in Bremen.
buten und binnen vom 10. April 2025
buten un binnen | regionalmagazin Werke einer Künstlerin in Worpswede wiederentdeckt: "wie ein Märchen"
Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, 26. April 2025, 13.40 Uhr