Im Porträt Warum Buchpreisträgerin Martina Hefter das Unbedeutende liebt

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Autorin Martina Hefter lächelt in die Kamera
Die Schriftstellerin und Performerin Martina Hefter Bild: dpa | Georg Wendt

Für ihren Roman "Hey guten Morgen, wie geht es Dir?" bekam Martina Hefter den Deutschen Buchpreis 2024 verliehen. Darin geht es um Juno, die mit sogenannten "Love-Scammern" chattet, um diese ihrerseits zu belügen. Hefters Buch ist in Teilen autobiografisch, denn genau wie Juno ist die Leipziger Autorin auch Tänzerin.

Autorin Martina Hefter lächelt in die Kamera

Gesprächszeit So verbindet Buchpreisträgerin Martina Hefter Tanz und Literatur

Für ihren Roman "Hey guten Morgen, wie geht es Dir?" bekam die Schriftstellerin und Tänzerin Martina Hefter den Deutschen Buchpreis 2024 verliehen.

Bild: dpa | Georg Wendt

"Martina, was machst du für Sachen!", würde ihre verstorbene Mutter wohl zum Deutschen Buchpreis sagen. Martina Hefters Mutter war eine einfache Frau, die wenig Berührung zur Literatur hatte. Ganz anders die Tochter: Sie ist nicht nur Schriftstellerin, sondern verbindet ihre Romane, Gedichte und Kurztexte mit eigenen Tanzperformances.

Spiele ich eine Rolle oder komme ich als ich selbst auf die Bühne?

Martina Hefter reizt das Spiel mit Identitäten.

 "Ich habe als Kind immer schon ganz viel und gerne getanzt – so neben dem Radio meiner Eltern im Wohnzimmer im Allgäu. Ich habe auch immer schon gerne geschrieben. Ich habe gerne mit Reimen rumgespielt oder in Annagrammen Buchstaben vertauscht." Nach einer Tanzausbildung in München und Berlin geht sie 1997 nach Leipzig, um Literatur zu studieren. Seitdem verbindet sie beides. "Das ganze Setting des Textes gibt manchmal vielleicht Anregungen, welche Art von Tanz man machen könnte", sagt sie.

Die Arbeiten der heute 59-Jährigen wirken dadurch wie ein eigener Kosmos: Die Romane sind kurz, sprachlich konzentriert – fast wie Gedichte. Hefters Verse wiederum enthalten Regieanweisungen und bilden die Grundlage für ihre Tanzperformances. Aber sie selbst findet das gar nicht so besonders, schließlich werde im zeitgenössischen Theater sehr viel getanzt.

Die Schönheit im Unbedeutenden sehen

In ihrer aktuellen Produktion war auch ihr Ehemann, der Schriftsteller Jan Kuhlbrodt, dabei. Da er im Rollstuhl sitzt, haben Martina Hefter und Patrice Lipeb die Performance entsprechend angepasst: "Unser Tanz ist so, dass alle mittanzen können. Das würde beim klassischen Ballett ja nicht gehen", sagt sie. Inhaltlich wurde der Roman "Hey guten Morgen, wie geht es Dir?" in Bewegung umgesetzt und mit eigenen Erfahrungen ergänzt. Für ihren Roman hatte Martina Hefter nicht nur über das Online-Betrugsmodell "Love-Scamming" recherchiert, sondern ist bewusst mit Tätern in Kontakt getreten. "Spiele ich eine Rolle oder komme ich als ich selbst auf die Bühne?", fragt sich Martina Hefter immer wieder und überträgt genau das auf ihre Romanheldin Juno.

Es heißt ja immer: Das Private ist politisch. Und das stimmt ja auch irgendwie.

Missstände sind für die Autorin ein wichtiges Thema, aber nicht ihre primäre Motivation.

Wie Mosaiksteine liefert Martina Hefters Leben den Stoff für ihre Texte: Auch die Romanheldin Juno ist eine Performance-Künstlerin, der das Älterwerden Probleme macht und die auf der Bühne mit Identitäten spielt. Genau das reizt sie an ihren Online-Chats, in denen sie den "Love-Scammern" die einsame, liebeshungrige Frau vorspielt. Sie genießt ihre Macht, bis sich eines Tages ein Scammer enttarnt. Er nennt sich Benu und zeigt Juno ein Stück seines scheinbar normalen Lebens in Nigeria. "Das Leben ist in der Regel nicht spektakulär", sagt die Autorin und genau in diesem unvermeidlich Unbedeutenden liegt für sie das Schöne. Doch die nun aufkeimende Vertrautheit und Freundschaft ist kurz, denn Juno bleibt vorsichtig und Benu verschwindet plötzlich.

In ihren Werken greift Martina Hefter immer wieder Missstände auf, sie sieht sich aber nicht als politische Schriftstellerin und Performerin: "Es heißt ja immer: Das Private ist politisch. Und das stimmt ja auch irgendwie. Ich glaube, jede Person für sich ist ein Modellfall für gesellschaftliche Entwicklungen, Situationen, Zusammenhänge, Probleme und das lässt sich dann gar nicht draußen halten." Was Juno mit Benu erlebt, ist der Autorin bei ihren eigenen Recherchen auch begegnet.

Dass sie dafür den Deutschen Buchpreis bekam, hat in ihrem Leben vieles verändert. Die zweifache Mutter ist nun viel auf Lesungen unterwegs und eröffnet am 26. Februar 2025 die Literarischen Wochen in Bremerhaven. Doch auch ihre zweite Leidenschaft will Martina Hefter weiter pflegen: "Tanzen, egal wo, wie und warum ist einfach gut für den Körper", sagt sie.

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Gesprächszeit, 28. Januar 2025, 18:05 Uhr

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