Im Porträt Reinhold Beckmann hat vier Onkel im Krieg verloren
Standdatum: 30. August 2023.
Man kennt ihn als Moderator, Sport-Reporter, Sänger und Autor. Nun hat sich Reinhold Beckmann in einem neuen Buch seiner Familiengeschichte gewidmet: "Aenne und ihre Brüder. Die Geschichte meiner Mutter". Das Ausgangsmaterial waren die Feldpostbriefe seiner Onkel.
Die Feldpostbriefe seiner Onkel hatte Aenne Beckmann ihr Leben lang in einem Schuhkarton aufbewahrt. In diesem Karton lagen früher mal die Fußballschuhe von Reinhold Beckmanns älterem Bruder. Das Kicker-Premium-Modell! "Der hatte schon Adidas-Brasilia! Das waren die mit den Schraubstollen", erinnert sich Reinhold Beckmann. "Ich hatte nur Adidas Uwe. 19,90 Mark. Die Gummistollen! Das war ja der Volksschuh für die Fußballer."
Gefühlt saßen Franz, Hans, Alfons und Willi an den Weihnachtstagen mit am Tisch.
Reinhold Beckmann über seine verstorbenen Onkel
Den Plan, ein Buch über die Kindheit und Jugend der Mutter und ihrer Brüder zu schreiben, trug Reinhold Beckmann lange mit sich herum. Aenne Beckmann verstarb 2019, mit 98 Jahren. Und nach ihrem Tod setzte er sein Vorhaben in die Tat um. Als junge Männer wurden die Vier aus dem kleinen Dorf Wellingholzhausen bei Osnabrück in den Zweiten Weltkrieg geschickt; und alle sind in diesem Krieg ums Leben gekommen. Im Familienandenken blieben sie aber immer präsent: "Und das Schöne ist, dass sie diese Nähe zu den Brüdern aufrecht erhalten hat. Weitergegeben hat. Sie hat ja immer davon erzählt. Ich habe immer gesagt: Gefühlt saßen Franz, Hans, Alfons und Willi an den Weihnachtstagen mit am Tisch."
Mit den im Krieg Gefallenen im unruhigen Schlaf
Reinhold Beckmann hat viel recherchiert, Gespräche mit Historikern geführt und Zeitzeugen getroffen. Und er hat unruhige Nächte während des Schreibens erlebt: "Es gab auch Momente, wo ich dachte: 'Mein Gott, ich nehme die Figuren, ich nehme meine Onkel schon mit in den Schlaf!' Es gab Situationen beim Schreiben, wo ich nicht mehr zu Ruhe kam."
Die Erzählungen seiner Mutter Aenne haben Reinhold Beckmann dazu veranlasst, nach dem Abitur den Kriegsdienst zu verweigern. Von Twistringen, wo er aufgewachsen ist, fuhr er zur "Gewissensprüfung", wie es damals hieß, nach Nienburg. Gut präpariert, wie er dachte: "Dann habe ich mich beraten lassen in Bremen und dachte, ich sei gut vorbereitet. Als ich dann nach Nienburg musste, kam ich in diesen nach Linoleum stinkenden Raum rein. Aber ich bin da so abgeblockt worden."
Diese Erschütterungen die es dort gab, die mussten weggesteckt werden.
Reinhold Beckmann über die Zeit des Nationalsozialismus, die seine Eltern prägte.
Beim zweiten Anlauf hat es aber doch noch geklappt. Wie, auch daran erinnert er sich fast fünfzig Jahre später noch genau. Das Aufarbeiten seiner Familiengeschichte hat Reinhold Beckmann viel Kraft gekostet. Gelohnt hat es sich. Denn es ist ein sehr persönliches, berührendes Buch entstanden, in dem man auch erfährt, wie sich die nationalsozialistische Ideologie in dem kleinen Wellingholzhausen ausbreiten konnte und der Krieg dort viele Familien ins Unglück stürzte: "Diese Erschütterungen die es dort gab, die mussten weggesteckt werden."
Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Gesprächszeit, 30. August 2023, 18:05 Uhr