Die Morgenandacht Kakao und Inschallah

Die Begegnung mit einem Wohnungslosen vor dem Gemeindehaus, rührt Pastorin Esther Joas an. Denn wer schenkt wem am Ende mehr?

Vor unserer Kirche in Schwachhausen hatte sich wieder einmal ein Mann platziert, der sein ganzes Hab und Gut samt Matratze auf einem Einkaufswagen gestapelt hatte. Er trug einen Bart, die Füße in Sandalen, Jogginghose. Ein Bewohner von gegenüber warnt mich, dass er schon den ganzen Tag dort stünde. Ich grüße den Mann und frage ihn spontan, ob er etwas bräuchte. Er wünscht sich einen Cappuccino – so viel verstehe ich aus dem Arabischen, aber leider ist unsere Kaffeemaschine außer Betrieb. Stattdessen bringe ich ihm einen Filter-Kaffee. Aber das will er nicht so stehenlassen. Er schenkt mir ein abgepacktes Kakao-Getränk und sagt "inschallah" und dann schenkt er mir noch eine Schokolade. Ich bin verdutzt, habe aber keine andere Möglichkeit, als es anzunehmen.

Indes piept der Signalton meines Handys: in der WhatsApp-Gruppe der Gemeinde-Mitarbeitenden wird gewarnt, die Türen verschlossen zu halten, damit heute kein unerwünschter Besuch ins Gemeindehaus eindringe. In dem Moment tut mir das weh.

Es ist richtig, wir können in unserem Gemeindehaus kein Obdach für Wohnungslose anbieten, dazu fehlt es an Ressourcen und Personal. Aber ich glaube, der Mann hatte gar nicht vor, unerlaubt einzudringen. Und er hat mir mehr geschenkt, als ich ihm gegeben habe. Nicht nur Kakao und Schokolade, sondern die Einsicht, dass wir fast immer mit Freude beschenkt werden, wenn wir Grenzen überwinden und aufeinander zugehen.

Insha'Allah bedeutet: "So Gott will". Vielleicht wollte der Mann mir einfach nur sagen: "Nimm den Kakao und lass mich in Frieden hier ausruhen, so Gott will."