Die Morgenandacht Füreinander streiten, nicht gegeneinander
Stand: 29. März 2025.
Die Morgenandacht Füreinander streiten, nicht gegeneinander
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Nur wenn man füreinander streitet, kann man die Welt verbessern, ist Klaus Hagedorn überzeugt. Und er verweist auf ein ungewöhnliches Ehepaar.
Sie ist Muslima, er Jude – und gemeinsam streiten beide öffentlich für Demokratie und Menschenrechte. Es ist ein ungewöhnliches Ehepaar. Saba-Nur Chemma arbeitet Politologin, Pädagogogin und Publizistin, sie ist als Tochter pakistanischer Flüchtlinge in Deutschland geboren. Professor Doktor Meron Mendel ist Historiker, Erziehungswissenschaftler und Publizist; er wuchs in einem Kibbuz im Süden Israels auf und leitet die Bildungsstätte Anne Frank ind Frankfurt.
vor drei Wochen, am 9.März, nahmen sie an der Eröffnung der "Christlich-Jüdischen Zusammenarbeit 2025" im Hamburger Rathaus teil. Dort erhielten sie die Buber-Rosenzweig-Medaille. Die Auszeichnung steht seit 1968 für das Engagement an der Verständigung und Versöhnung der Völker und Religionen. Sieh steht für einen Dialog, in dem Menschen nicht nur mit Herzblut und Friedenssehnsucht miteinander streiten, sondern in dem sie füreinander streiten. "Füreinander streiten": So lautet auch das Jahresthema 2025 der 80 Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit in Deutschland.
Meron Mendel und Saba-Nur Chemma sind eine prominente Stimme in Debatten über Antisemitismus und Rechtsextremismus wie auch im Diskurs über den Nahostkonflikt. Auch wenn sie in ihrem Engagement Boykott-Mentalität und Dialogverweigerung erfahren: Beide beweisen durch ihr Zusammensein, dass man auch bei unterschiedlicher religiöser und kultureller Prägung miteinander leben und einander lieben kann. Gemeinsam versuchen sie, Polarisierungen zu überwinden.
Gemeinsam stehen sie für eine offene Streitkultur, die konstruktiven Dialog bedeutet mit dem Ziel, einander besser zu verstehen. Das bedeutet aber nicht zwingend einen Konsens, mit dem die Gesprächsräume zu verlassen sind. Unbeirrt suchen sie nach mehr Verständigung und einem friedvollen Miteinander. Das bedeutet für beide, dass sie nicht nur Standpunkte austauschen, sondern diese auch einander zumuten und aushalten. Sie sensibilisieren in vielfacher Seminars- und Begegnungsarbeit für unterschiedliche Perspektiven und Bedürfnisse. Sie streiten für die Achtung vor der Würde eines jeden Menschen – und halten aus, dass Dialog nicht immer zu Einigkeit führt und dass Empathie nicht immer Einverständnis bedeutet.
Streit füreinander – nicht gegeneinander: Das bietet in ihren Augen die Chance, dass wir für Schwächere einstehen, mehr Gerechtigkeit herstellen und die Welt ein Stück besser machen.
Mit ihrem Engagement zielen Meron Mendel und Saba-Nur Chemma eine Herzensbildung an, die vor Hass schützt und vor Menschenverachtung – also auch vor Antisemitismus und Islamfeindlichkeit. Ihre Zuversicht beflügelt und bestärkt mich. Diese Zuversicht wird bestätigt durch viele Hoffnungserzählungen der jüdisch-christlichen und der muslimischen Tradition und vielen weiteren humanistischen Traditionen. Sie ermutigt zum aufrechten Gang, und dafür, dass wir diesen aufrechten Gang in Zeiten, wo unser Leben gefährdet ist, immer wieder neu üben, bewahren und stärken. Das stiftet für mich Hoffnung, die unsere Zeit braucht.