Die Morgenandacht Aufklärung

"Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen." Pastor Frank Mühring erinnert an den großen Philosophen Immanuel Kant und an das Glück, Glaube und Verstand zu kombinieren.

"Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen." Das ist kurz gefasst das gedankliche Erbe des deutschen Philosophen Immanuel Kant. Gerade hat sich sein 300. Geburtstag gejährt. Kant lebt schon lange nicht mehr. Seine Heimatstadt Königsberg heißt heute Kaliningrad und gehört zu Russland. Nur wenige Spuren erinnern dort noch an ihn. Aber Kants Projekt, die "Aufklärung", lebt weiter.

Aufklärung, das ist wie ein Hausputz im Denken. Weg mit allem, was dich dumm machen will oder dir den Verstand vernebelt. Was verstaubt und Müll ist, muss raus aus dem Kopf. Stattdessen: Herzlich willkommen, ihr kritischen Fragen. Kant hat seine Leserinnen und Leser gelehrt: Mensch, du kannst doch selber denken. Kopiere nicht das, was vermeintlich glorreiche Lehrerinnen und Lehrer oder große Autoritäten dir vorgekaut haben. Wozu hat Gott dir einen eigenen Verstand gegeben?

Kant trug einen frommen Vornamen. Immanuel, das bedeutet: "Gott, sei mit uns." Doch mit der Kirche und dem Glauben fremdelte der Philosoph. Die Pastoren in Königsberg waren ihm zu buchstabengläubig. Ihr Denken kam ihm zu leichtgewichtig und zu naiv vor. So schlicht dürfe man sich Gott, den Höchsten, nicht vorstellen, wie es ihm von den Kanzeln entgegenklang. Darum schwänzte Kant lieber den Gottesdienst, der damals noch eine Pflichtübung war. Gern ging er spazieren, jeden Tag, pünktlich um halb vier. So, dass man danach die Uhr stellen konnte.

Trotz seiner Kirchenferne hat Kant enormen Einfluss auf das Christentum gehabt. Jedenfalls für den Flügel der Kirche, der seinen Verstand nicht an der Garderobe abgibt, wenn man durch die Kirchentür geht. Wie Martin Luther ist Immanuel Kant jemand, der Gott und den Glauben neu gedacht hat. Mit der Devise: Denke für dich selbst! Sei mutig und wage es! Nicht jede Nachricht, nicht jedes Gerücht, was durch die Stadt oder die Universität segelt, muss stimmen. Folge schon gar nicht jenen, die dir weißmachen, nur sie hätten die Wahrheit im Besitz. Auch nicht, wenn jemand behauptet, so stehe es nun mal in der Bibel. Licht muss ins Dunkel. Hinterfrage doch bitte immer, ob es zu beweisen ist, was dir erzählt wird. Vielleicht ist das, was da vollmundig behauptet wird, nur eine Täuschung von irgendwelchen Querköpfen.

Kant hat den Lichtschalter im Denken wiedergefunden. In Zeiten, wo im Internet jeden Tag Millionen von falschen Nachrichten, sogenannte "Fake News", im Umlauf sind, bleibt Kants Parole von der "Aufklärung" notwendig. Immanuel Kant ist für mich ein Reformator des Glaubens. Darum: "Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen."