Die Morgenandacht Reichtum ist ein großes Problem
Standdatum: 8. Dezember 2024.
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Jesus stellt immer die Armen in den Mittelpunkt, sagt Caritas-Mitarbeiter Ingo Wilberding. Bei den Reichen gehe er kompromisslos vor.
1963 wählte man den Mailänder Kardinal Giovanni Battista Montini zum Papst Paul VI., und sein Bistum schenkte ihm eine aufwendig gestaltete Papstkrone. Doch dann geschah das Unerwartete: Paul VI. legte das wertvolle Geschenk nur ein knappes Jahr später feierlich ab. Es war die Zeit des Zweiten Vatikanischen Konzils, wo man auch über das Thema "Armut in der Welt" sprach.
Die Papstkrone, Tiara genannt, war rund 10.000 Dollar wert. Paul VI. schenkte sie den amerikanischen Katholiken und bedankte sich damit für ihre großzügigen Spenden zugunsten der Armen in der Welt. Die Vatikan-Zeitung "Osservatore Romano" schrieb damals: "Alle materiellen Güter der Kirche müssen im Dienst der Seelen stehen, und jeder Glanz muss der Caritas untergeordnet werden". Das Verschenken der Papstkrone "zeigt einen Weg, öffnet einen Horizont, wie sich die Kirche und ihre Hirten von etwas trennen müssen, was nicht notwendig für ihr Leben, ihre Würde, ihre Mission ist, um für das Wohl der Menschen zu wirken". So weit das Zitat.
Materielle Güter haben im Dienst für die Nächstenliebe zu stehen. Starke Worte. Aber genau die christliche Tradition: Jesus stellt immer den Armen in den Mittelpunkt. Warum geht Jesus, der mit allen möglichen Leuten barmherzig umgeht, bei den Reichen so kompromisslos vor? Springen wir ins Heute: Vom Vermögenszuwachs, der 2020 und 2021 in Deutschland erwirtschaftet wurde, entfielen satte 81 Prozent auf das reichste eine Prozent der Bevölkerung. Hinzu kommt: Reiche zahlen auf ihre riesigen Kapitalgewinne meist deutlich weniger Steuern als Arbeiter auf ihren Lohn. Geld generiert immer mehr Geld. Wahrscheinlich waren auch die meisten Zuhörer Jesu weder reich im Sinne des einen Prozent noch völlig mittellos wie dieser Bettler Lazarus.
Wenn ich es mit Armen zu tun bekomme, wäre ich gern tatkräftig und kompetent. Ich würde ihre Probleme gern lösen, damit es ihnen endlich besser geht. Und nun steht Jesus da und sagt: Reich zu sein ist leider kein harmloser Sport, sondern ein gravierendes Problem. Es ist auch für die Reichen schlecht. Und für die Armen, für das Gemeinwesen, die Demokratie – für das Klima und die Natur sowieso. Und arm sein ist kein Makel. Arme wünschen sich kein Mitleid, sondern Respekt. Echte Begegnung auf Augenhöhe. Aber dazu muss ich mich aufmachen, raus aus der Wohlstandsblase. Und dann können wir gemeinsam überlegen, was wirklich hilft. Jetzt, hier, in diesem Leben.
Aufmachen muss ich auch meinen Mund, wenn ich Jesus ernst nehme. Zum krassen Missverhältnis von Reichtum und Armut hier und weltweit kann ich nicht schweigen. Sicher, Reden allein ändert noch nichts. Aber: Es wird sich erst recht nichts ändern, wenn wir verlegen und verschämt stillhalten. Aller Reichtum – auch und gerade der der Kirche, muss sich bewähren, wie er sich in den Dienst für die Armen nehmen lässt.