Die Morgenandacht Eine Annäherung an Mariä Empfängnis

Ingo Wilberding
Ingo Wilberding

Die Morgenandacht Eine Annäherung an Mariä Empfängnis

Mit viel Fantasie und in wohlwollender Absicht entstand die Legende von Anna und Joachim als den Eltern von Maria, erklärt Ingo Wilberding.

Bild: Katholischer Gemeindeverband Bremen

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Mit viel Fantasie und in wohlwollender Absicht entstand die Legende von Anna und Joachim als den Eltern von Maria, erklärt Ingo Wilberding.

Gestern war nicht nur der zweite Advent, sondern für die katholische Kirche auch noch: Mariä Empfängnis oder in der Vollform: "Hochfest der ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau und Gottesmutter Maria." Himmel hilf, könnte man sagen. Wie kompliziert und verbogen bitte kann es sein? Ich versuche heute Morgen mal eine Annäherung. Was wir feiern, ist das Fest von Anna und Joachim. Marias Eltern, also Jesu Großeltern. Der 8. Dezember ist der Tag – so die gläubige Vorstellung – an dem Maria gezeugt wurde. Schauen wir in die Bibel, unsere erste Quelle für Glaubensfragen, sehen wir: Nichts.

Maria lernen wir erst kennen, als sie verlobt ist und schwanger wird. Über ihre Herkunft wissen wir nichts: Wir wissen nicht, ob sie Geschwister hatte, wer ihre Eltern waren, ob sie noch lebten und so weiter. Dieses "Nichts-Wissen" war für viele Gläubige der frühen Zeit schwer auszuhalten und kurbelte ihre Fantasie an. So entstanden viele Geschichten, darunter das sogenannte Protoevangelium des Jakobus. Hier findet sich die Legende von Anna und Joachim. Für die gläubige Vorstellung war es undenkbar, dass Maria ein ganz normales Kind war, unspektakulär in eine Familie hineingeboren. Und so entstand die Legende, dass Anna und Joachim alt und kinderlos waren. Sie hatten eine Vision: Ein Engel ist ihnen erschienen – und dann wurden sie auf ihre alten Tage Eltern. Maria wurde geboren.

Welch großartig phantasiebegabte gläubige Menschen! Und: Es stört mich überhaupt nicht, dass hier keine Tatsachenberichte stehen. Warum? Es kommt auf den Deutungsrahmen an, die Absicht der Fantasie sozusagen. Entweder Wohlwollen oder Misstrauen und Verdacht. Bei Maria wird einfach das Beste angenommen: Liebende Eltern und Schuldlosigkeit. Vielleicht bin ich manchmal vom Leben und seinen Geschichten herausgefordert und von den Menschen sowieso. Aber trotzdem bin ich eingeladen, für andere Menschen meine Fantasie wohlwollend walten zu lassen.
Es könnte ja immerhin sein, dass mein Gegenüber es gut meint.
Es könnte ja immerhin sein, dass sie und er sich verantwortungsvoll verhalten.
Es könnte ja immerhin sein, dass sie unschuldig sind.

Vielleicht kann ich ja lernen, meine Fantasie etwas kritisch zu betrachten. Ihre Produkte zu prüfen und auf ihr Maß an Wohlwollen zu überprüfen. Und dann – völlig verrückt, ich weiß – einfach mal das Beste annehmen. So dass diejenige Person, um die es geht, in ihrem Wert eher steigt als fällt. Das tut dieser Person gut, aber auch uns selbst.

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