Die Morgenandacht Warum Kinder wie Gäste sind

Ingo Wilberding
Ingo Wilberding

Die Morgenandacht Warum Kinder wie Gäste sind

Ein Kind ist ein eigenständiges Wesen und keine Verlängerung elterlicher Wünsche, betont Caritas-Mitarbeiter Ingo Wilberding.

Bild: Katholischer Gemeindeverband Bremen

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Ein Kind ist ein eigenständiges Wesen und keine Verlängerung elterlicher Wünsche, betont Caritas-Mitarbeiter Ingo Wilberding.

"Die Aufgabe der Umgebung ist es nicht, das Kind zu formen, sondern ihm zu erlauben, sich zu offenbaren." Das sagte die Reformpädagogin Maria Montessori. Raum und Zeit und Muße haben, um sich zu offenbaren... das würde heißen: Ich zeige, was in mir steckt, einfach so, unvoreingenommen, spielerisch und neugierig wie ein Kind. Um das wirklich zu tun – sich zu zeigen – braucht es freien Raum und ich muss mich sicher fühlen. Denn das ist eine sensible Sache, für kleine und für große Menschen. Eine der größten Freuden ist es, wenn ein Mensch geboren wird. Ein eigenes Kind, das Kind von Freunden, ein Geschwister, ein Enkel. Wo ein Kind geboren wird, da ist Hoffnung, da geht es weiter. Da ist Zukunft. Alle sind entzückt, sogar die Nachbarn, die vorher vielleicht gelästert haben. Aber wenn ein Kind geboren wird, freuen sich alle. Das war schon in biblischen Zeiten so.

"Wie soll er denn heißen?" "Wie der Vater!" sagen die Verwandten und die ganze Nachbarschaft. Die Mutter sieht das anders: "Er soll Johannes heißen: 'Gott ist gnädig'". Der Vater ist derselben Meinung. Ein Kind ist ein eigenständiges Wesen, keine Verlängerung elterlicher Wünsche oder Vorstellungen. Ohne diese Freiheit zur eigenen Entwicklung, oder zur "Offenbarung", wie Maria Montessori sagen würde, bleibt der Reichtum verborgen, der sich noch so in mir verbirgt. Weil ich in eine bestimmte Richtung geformt wurde: Ich muss brav sein und still, das wird von mir erwartet. Wie viele Glaubenssätze, die man als Kind wieder und wieder hört, wirken im Erwachsenenalter weiter.

Manchmal braucht es viel Zeit, bis ich mich neu entdecke – bis ich mich traue, neu auf die Suche zu gehen nach mir. Einfach so, unvoreingenommen, spielerisch und neugierig wie ein Kind. Was steckt noch in mir? Was kann ich? Wer bin ich? Immer noch unterwegs zu mir. "Kinder sind Gäste, die nach dem Weg fragen." Wieder Maria Montessori. Gästen begegnet man freundlich und hilfsbereit, man erklärt den Weg, erzählt von den eigenen Erfahrungen. Gehen müssen sie ihn selbst – vielleicht später oder gar nicht oder auf eigenem Pfad. Ein Gast hat volle Freiheit. Und: Umwege erhöhen die Ortskenntnis!

Freiheit, Beispiel, Vertrauen und Zeit sind die Grundlagen.
Ich bleibe gerne da, wo ich angenommen werde als der, der ich bin und auch der, der ich sein möchte. Und wo man mich auch wieder gehen lässt.

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  • Ingo Wilberding

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