In der Ausstellung Mochte Werder lieber als Bayern München: Fußballfan Günter Grass

"Günter Grass - Mein Fußballjahrhundert"

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fussballfan günter grass im Weserstadion
Günter Grass war Fussballfan. Auch im Weserstadion saß er einige Male auf der Tribüne. Bild: Grass Medienarchiv / Schmitz

Bremen ist und bleibt eine Günter-Grass-Stadt – davon war der ehemalige Bürgerschaftspräsident Christian Weber überzeugt. Da passt es, dass mitten in der Stadt, in der Unteren Rathaushalle, eine neue Ausstellung über den Literatur-Nobelpreisträger eröffnet wurde. Natürlich geht es da um Literatur – aber nicht nur. Der Titel lässt es erahnen: "Mein Fußballjahrhundert".

Günter Grass, vor allem bekannt als Autor der "Blechtrommel", war nicht nur Schriftsteller und Künstler, sondern auch Fußballfan. Auch wenn das runde Leder in seinen Büchern und Erzählungen kaum eine Rolle spielt, war Fußball etwas, für das sich der Privatmann Grass sehr begeistern konnte, vor allem in seinen späteren Jahren. Er war kein großer Fußball-Experte, aber er hat sich gerne treiben lassen von der Euphorie, schaute regelmäßig die Sportschau, war gerne im Stadion und hat mit Freunden darüber gefachsimpelt.

Ein Herz für die kleineren Vereine

Günter Grass hatte ein Faible für "kleine" Vereine wie St. Pauli und der SC Freiburg, für die Außenseiter. Er war immer einer, der da hingeschaut hat, wo nicht das große Geld regierte, deswegen war ihm der FC Bayern immer zuwider. Zum SV Werder Bemen hatte er auch eine Beziehung – oft war er im Weserstadion. Und mit Willi Lemke stand er in regem Austausch. Wie gut sich die beiden verstanden, belegt ein Briefwechsel.

Ausstellungsimpressionen von "Günter Grass-Mein Fußballjahrhundert" in der unteren Rathaushalle in Bremen
Die Ausstellung thematisiert auch Grass' Kritik an West-Fußballclubs nach der Wende. Bild: Nikolas Golsch

Je älter Günter Grass wurde, desto kritischer hat er sich mit dem Thema Fußball auseinandergesetzt und teilweise auch drastische Worte gewählt. Die Kommerzialisierung im Fußball, für die der FC Bayern München wie kein anderer deutscher Verein steht, hat er zum Beispiel als "hochdotierte Sklaverei" bezeichnet. Dass die westdeutschen Vereine den ostdeutschen nach der Wende alle die guten Spieler abgekauft haben, hat ihn sehr aufgeregt. Und er hat sich auch sehr früh für den Frauenfußball eingesetzt. Da gehe es authentischer zu als bei den Männern.

Was ist in der Ausstellung zu sehen?

Einige Manuskripte, die Literatur-Nobelpreis-Urkunde von 1999, Tagebucheinträge und es gibt interessante Interviews mit Freunden und Familienangehörigen, die erzählen, wie sie den Fußball-Fan Grass erlebt haben. Darunter Willi Lemke oder auch Steffi Jones, die Ex-Nationalspielerin, die sich quasi posthum anhand von Aussagen und Zitaten mit ihm über Frauenfußball streitet.

Sonst schweift es schnell ins Allgemeine ab – also, in die generelle deutsche Fußball-Geschichte. Zu sehen ist zum Beispiel das legendäre Kaffee-Service, das die deutschen Fußball-Frauen einst als Preis bekommen haben, ein Exponat aus dem Fußball-Museum Dortmund. Auf Schautafeln und in Filmausschnitten geht es um die Entwicklung der deutschen Profi-Ligen – politisch und wirtschaftlich – teilweise angereichert mit Grass-Zitaten.

Auch wenn die Ausstellung nicht mit vielen Exponaten punkten kann, bleibt unterm Strich aber die Erkenntnis hängen: Günter Grass war ein Fußballfan wie Millionen andere auch.

Ausstellungsimpressionen von "Günter Grass-Mein Fußballjahrhundert" in der unteren Rathaushalle in Bremen
In Filminterviews erzählen Zeitzeugen von gemeinsamen Fußball-Erlebnissen mit Günter Grass. Bild: Nikolas Golsch

"Günter Grass – Mein Fußballjahrhundert"

Laufzeit: 30. Juni bis 6. August 2023, täglich von 12:00-19:00 Uhr, in der Unteren Rathaushalle Bremen.

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Der Morgen, 5. Juli 2023, 10:10 Uhr

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Der Morgen mit Anja Goerz

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