Die regionale Reportage Bartöl und Flotte Lotte: zu Besuch in Ostfrieslands ältester Drogerie
Standdatum: 1. November 2021.
Mitten in Aurich findet man die älteste Drogerie Ostfrieslands. Ein Besuch ist wie eine Zeitreise. Aber bei aller Nostalgie ist der kleine Laden in der Fußgängerzone kein Museum. Hier gibt es Ware, die anderswo nicht mehr zu bekommen ist. Bremen-Zwei-Reporter Gerhard Snitjer hat sich umgesehen.
Beim ersten Besuch kann einem schon der Mund offen stehen bleiben: In dem kleinen Laden gibt es noch eine Kaufmannswaage und Schubladenschränke. Wo man hinschaut, fast vergessene Markennamen und Glanz- oder Tauschbildchen in großer Auswahl. "Hier gibt es so einiges, was ich nur hier bekomme und in anderen Geschäften nicht." Das sagen die Stammkunden dieser historischen Drogerie, der ältesten in Ostfriesland. Der kleine Laden in der Auricher Stadtmitte ist eine wahre Fundgrube, vollgestopft mit teils ungewöhnlichen Artikeln, allesamt in liebenswerter Unaufgeräumtheit.
In den alten Regalen und Vitrinen finden sich auf den ersten Blick die typischen Drogeriewaren: Waschmittel, Scheuermilch, Parfum, Mottenkugeln, Putzschwämme, Ameisenköder, Zahnbürsten. Und die "Grüne Tante", eine Handwasch-Paste. Die kannte früher jeder, der sich öfter die Hände so richtig schmutzig machen musste. Außerdem wird hier zum Beispiel Spielzeug verkauft und etwas altmodische Küchengerätschaften wie die "Flotte Lotte".
Ich bin kein Museum, wo man Eintritt zahlt. Ich kann nur davon leben, wenn auch ein bisschen was gekauft wird.
Almuth Maaß, Inhaberin der ältesten Drogerie Ostfrieslands
Bedient wird die Kundschaft von der Inhaberin persönlich, Almuth Maaß. Haus und Laden stammen von 1855, erzählt sie. Ihre Urgroßeltern haben den Laden als Kolonialwarenladen gegründet und später zur Drogerie umgebaut. Almuth Maaß betreibt das Geschäft in vierter Generation, und sie tut das ganz allein. Ihren früheren Beruf als Software-Entwicklerin hat die Mittfünfzigerin dafür aufgegeben. Stattdessen jetzt einen so ausgefallenen Laden zu führen, ist natürlich ein Risiko. Aber bisher hat sie es nicht bereut, sagt Maaß. Viele Auricher und auch viele Urlauber kaufen bei ihr.
Ihre Waren sind selbstverständlich neu, aber eben teils sehr alte oder seltene Marken. Dazu kommt das nostalgische Flair des Ladens durch die Einrichtung und Dekoration. "Ich bin eben kein Museum, wo man Eintritt zahlt. Ich kann nur davon leben, wenn auch ein bisschen was gekauft wird."
Sehenswürdigkeit in der Innenstadt
Die Stadt Aurich möge sich aktiver um dieses Juwel des Fußgängerbereichs kümmern, wünscht sich Almuth Maaß. Stattdessen sei im Gespräch vor ihrer Ladentür in der Osterstraße wieder Autoverkehr zuzulassen. "Der Verkehrsverein schickt die Leute immer hierher: 'Wenn Sie eine Sehenswürdigkeit sehen wollen, dann gehen Sie da doch mal hin.' Aber ich finde, so eine Sehenswürdigkeit muss man auch pflegen und ihr zeigen, dass sie einem etwas wert ist. Und das vermiss ich von unseren Stadtherren."
Irgendwann wird sich die Inhaberin zur Ruhe setzen. Was wird dann aus der alten Drogerie? "Ich kann mir vorstellen, dass junge Leute, die ein bisschen umweltbewusster sind, da irgendwas mit machen."
Bis dahin verkauft Almuth Maaß weiterhin Melissengeist, Hefe und Gärbehälter für die Weinherstellung, Bartöl, Entkalker, Fliegenklatschen und all die anderen kleinen Dinge, deretwegen ihre Stammkunden gern zu ihr kommen und ihr Geschäft empfehlen. Für die ist es "ein Schatz, der erhalten werden muss."
Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Der Tag, 03. November 2021, 15:38 Uhr.