Die regionale Reportage Die wechselvolle Geschichte des "Blockhaus Ahlhorn"
Standdatum: 14. März 2022.
Das "Blockhaus Ahlhorn" ist ein Jugend- und Tagungsheim mit langer, wechselvoller Geschichte. Anfang der 1930er Jahre entstand das erste Blockhaus – als Wochenendhaus für einen Gauleiter. Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs dienen die Gebäude der Bildung und Erholung.
Rund 75 Jahre lang war die Anlage inmitten der Ahlhorner Fischteiche ein Jugend- und Tagungsheim der Evangelischen Kirche Oldenburg. Im Moment ruht der Betrieb. Aus Kostengründen hat die Kirche das "Blockhaus Ahlhorn" jetzt an den Landkreis Oldenburg abgegeben, der es als Jugend- und Bildungseinrichtung weiterführen will.
Die Anlage ist weit mehr als ein Blockhaus, es sind gut ein Dutzend Gebäude: Gästezimmer, Tagungs- und Unterrichtsräume, Großküche, Speisesäle, sogar eine Kirche. All das in herrlicher Umgebung – auf einer schmalen Landbrücke zwischen den beiden schönsten Teichen der weitläufigen Ahlhorner Fischwirtschaft, umgeben von Wald, kilometerweit von den nächsten Siedlungen entfernt.
Über die Jahrzehnte ist das Ensemble immer größer und moderner geworden, erzählt Niels-Christian Heins, der im Auftrag des Landkreises Oldenburg die Wiedereröffnung vorantreibt: "Man kann wirklich einen Spaziergang von den 1930er Jahren bis ins Jahr 2017 machen. Man wird immer Gebäude finden, die in verschiedenen Jahrzehnten in dieser Zeitspanne hier errichtet worden sind."
Ein Haus für den Nationalsozialisten Carl Röver
Es hat allerdings eine Zeit gegeben, da stand hier wirklich nur ein einziges Blockhaus. Es wurde 1932 für Carl Röver gebaut, den nationalsozialistischen Gauleiter für Oldenburg und Bremen. Er war Antisemit, Rassist und überhaupt ein grober Klotz, aber dem Zauber dieses idyllischen Fleckchens konnte er sich wohl nicht entziehen. Bei einem Ausflug zeigte er den Platz seiner Familie, erzählt Heins.
Die heutige "Jungenburg", auf einem Sandhügel am Ufer des Helenenteichs errichtet, war die Keimzelle. Baugenehmigung? Ach was! Im Oldenburger Land hatten die Nazis schon ein Jahr vor der Machtergreifung eine absolute Mehrheit. Carl Röver wurde Ministerpräsident, und seine Partei erfüllte ihm kurzerhand einen Wunsch. Seine Tochter erinnerte sich später: "Das kleine Blockhaus wurde von einem Bautrupp des Freiwilligen Arbeitsdienstes gebaut. Es war für meinen Vater eine Überraschung, er wusste nichts davon und hatte also auch nicht mitgeholfen."
Neue Bestimmung nach dem Krieg
Carl Röver hat sein Häuschen im Grünen weidlich genutzt und sicher nicht ohne Besitzerstolz Parteifreunde zu Schulungen hierher eingeladen. Zu diesem Zweck wurde bald ein viel größeres Haus hinzugebaut, das heutige "Haupthaus". Es war zweistöckig, mit Schlafräumen im Obergeschoss. Niels-Christian Heins weiß: "Unten gab es den Blockhaussaal und einen Tagungsraum, wo man um einen runden Tisch sitzen konnte, mit einem großen, beachtlichen Kamin. Das ist der Teil, der heute auch unter Denkmalschutz steht, weil einige Dinge noch im ursprünglichen Zustand erhalten sind."
Ein Hakenkreuz am Kamin, das – notdürftig übertüncht – noch Jahrzehnte nach dem Krieg zu erkennen war, ist inzwischen beseitigt. Eine neue Bestimmung für das "Blockhaus Ahlhorn" suchten die britischen Besatzer schon unmittelbar nach dem Kriegsende, und es fiel damals eine weise Entscheidung, sagt Niels-Christian Heins: Die Kirche sollte die Anlage übernehmen: "Damit hier Demokratie-Erziehung stattfinden kann, und genau am Ort nationalsozialistischen Agierens ein Ort entsteht, wo der Neuanfang gelebt wird."
Wiederöffnung im April
Das ehemalige Nazi-Heim wurde damals zuerst der katholischen Kirche angeboten, aber die wollte es nicht. Ein Geistlicher aus Cloppenburg soll gesagt haben: "Son Düwelskrom wüllt wi nich!" Also übernahm der evangelische Oldenburger Oberkirchenrat die Regie. Jahrzehntelang gaben sich hier neben Kirchengremien vor allem Konfirmanden, Schulklassen und Jugendgruppen die Klinke in die Hand. Sie genossen das Naturerlebnis, die zauberhafte Seenlandschaft, die Ruderboote, die Geländespiele, die Nachtwanderungen. Und immer gab es Musik: Der Oldenburger Jugendchor war häufig da, aber auch Chöre aus dem Bremer Umland. "Musik hat hier offenkundig immer eine beeindruckende Rolle gespielt. Dafür spricht schon die große Zahl der Klaviere, auf die man noch trifft, wenn man durchs Haus geht."
Aus dem bescheidenen Jugendherbergs-Standard der späten 1940er Jahre wurde ein professionelles Tagungsheim mit fast 200 Übernachtungsplätzen. Die Kirche ist froh, dass der Landkreis Oldenburg den Betrieb fortführen will. Offiziell wiedereröffnet wird im April, aber außerplanmäßige Bewohner gibt es schon jetzt: 30 Kinder und Jugendliche aus der Ukraine, mit einigen Müttern und Lehrerinnen, sind vom Landkreis Oldenburg hier untergebracht worden.
Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, 14. März 2022, 10:20 Uhr