Die regionale Reportage Der "Blaue Klaus" in Bremerhaven
Standdatum: 14. Dezember 2020.
Er ist ein Stahlkoloss im Bremerhavener Fischereihafen: der Schwimmkran "Blauer Klaus". Vor über 100 Jahren wurde er gebaut. Bis heute wird der Kran genutzt, um tonnenschwere Teile zu heben. Reporterin Carolin Henkenberens musste hoch hinaus zur Besichtigung.
Wer in das Herzstück des Krans vordringen will, braucht gute Nerven. Eine steile Treppe führt 20 Meter hoch, vorbei an den blauen, genieteten Metallstreben des Krans hin zur kleinen Steuerkabine. Darin ein Bedienpult, das wirkt wie aus der Zeit gefallen: kein Radar, keine elektronischen Anzeigen. Stattdessen zwei schlichte Steuerknüppel und Lenkräder.
In einer Zeit, wo alles immer schnell gehen muss, ist dieses Gerät natürlich der reinste Schneckenbetrieb.
Arndt Lohner über den alten Schwimmkran "Blauer Klaus"
Mit seinem mächtigen Haken kann der Kran seine Ladung packen, riesige Schiffsteile zum Beispiel, bis zu 150 Tonnen schwer. Damit schafft er mehr als manch moderner Kran, sagt Arndt Lohner. Er ist Geschäftsführer der Logistik-Firma BVT; sie gehört zur Bredo-Werft und nutzt den Schwimmkran. "Der wird ja fast nur mechanisch betrieben. Heute wird das hydraulisch gelöst oder elektronisch. Das ist noch richtig Ingenieurskunst. Es bewegt sich eine Schnecke, es bewegt sich ein Gewinde. Das ist schon spannend."
Von Duisburg über Kiel an die Weser
Spannend findet das auch Daniel Sokolis. Der Schiffbauer aus Bremen leitet ehrenamtlich ein Archiv über die AG Weser-Werft. Dort soll der Kran 1923 gebaut worden sein. Doch in den Baulisten taucht er nicht auf. Der Hobby-Archivar fing an zu recherchieren, er schrieb Archive an und las in alten technischen Büchern. Das Ergebnis seiner Nachforschungen: "Der Kran wurde schon wesentlich früher gebaut, und zwar 1909 von der Duisburger Maschinen AG, die vormals Bechem und Keetmann hieß."
Die Originalpapiere fehlen. Doch Sokolis konnte den Weg des Krans rekonstruieren: Er wurde demnach für die Kaiserliche Werft in Kiel gebaut. Im Zweiten Weltkrieg kam er nach Bremen, für die U-Boot-Produktion. Bei einem Luftangriff 1945 wurde er so schwer beschädigt, dass der Ponton – der schwimmende Untersatz – voll Wasser lief. Doch er wurde wieder aus dem Wasser gehoben, repariert und später für einen symbolischen Dollar von den Alliierten an die AG Weser verkauft. Bis zur Schließung der Werft war der Kran dort im Einsatz.
Das Blau der AG Weser
Seinen Spitznamen verdankt der "Blaue Klaus" seiner Farbe, sagt Solkolis. Ursprünglich war der Kran einfach grau, eben so, wie Stahl aussieht. Ein Ingenieur der AG Weser habe vorgeschlagen, den Kran blau anzumalen – in der Farbe der Werft. "Und irgendein Schiffbauer muss wohl mal gesagt haben: 'Da kommt der Blaue Klaus', und dann hat sich das natürlich auf der Werft rumgesprochen." Dieser Name hat sich bis heute gehalten, erzählt auch Arndt Lohner.
Aber der alte Kran habe auch Nachteile: "In einer Zeit, wo alles immer schnell gehen muss, ist dieses Gerät natürlich der reinste Schneckenbetrieb. Der Haken rauf und runter dauert 15 Minuten. Ein normaler Kran, der braucht eine Minute oder sowas."
Dieser Schwimmkran ist ein schwimmendes Museum, ein Zeitzeuge. Man müsste dem Kran, wenn es irgendwann mal so weit ist, einen würdigen Platz geben.
Daniel Sokolis über die Zukunft des Schwimmkrans
Deshalb überlege man, den Kran an ein Museum zu verkaufen. Der Ponton mitsamt der Technik und den Dieselmotoren hingegen soll weiter genutzt werden. Er ist 1980 erneuert worden. Daniel Sokolis wünscht sich, dass der Kran nicht auf dem Schrott landet. "Dieser Schwimmkran ist in meinen Augen ein schwimmendes Museum, ein Zeitzeuge. Und man sieht nirgendwo mehr so etwas. Man müsste dem Kran, wenn es irgendwann mal so weit ist, einen würdigen Platz geben."
Könnte dieser im Deutschen Schifffahrtsmuseum in Bremerhaven gefunden werden? Das Haus äußert sich zurückhaltend. Erst müsse geklärt sein, welche Kosten dadurch entstehen.
Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Der Vormittag, 14. Dezember 2020, 10:40 Uhr.