Die regionale Reportage Zu Besuch beim letzten Fassmacher Norddeutschlands
Standdatum: 21. Februar 2022.
Zur Blütezeit der Hanse waren die Böttcher – die Fassmacher – gut im Geschäft. In ihren Fässern transportierte man alle möglichen Lebensmittel auf den Schiffen. Heute gibt es kaum noch Menschen, die das Handwerk beherrschen. Christoph Krogemann aus Bremen ist der letzte Böttcher Norddeutschlands. Unsere Reporterin Kim Torster hat ihn in seiner Werkstatt in Gröpelingen besucht.
Christoph Krogemann führt die "Fasswerkstatt Alfred Krogemann" in dritter Generation. Viele seiner Maschinen sind über 100 Jahre alt. Sie stammen fast alle aus dem Unternehmen, das Krogemanns Großvater einst von seinem Lehrherrn übernommen hatte. Damals hieß die Firma "Fassverwertung Hoppe", erzählt Christoph Krogemann.
Der damalige Besitzer kaufte die gebrauchten Fässer aus dem Bremer Hafen auf. "Die lagen da zu Hunderttausenden. Es waren ja damals die Transportbehälter für allerlei Waren: Honig, Zucker, Essig. Und diese Fässer lagen da halb zerfallen." Die alten Fässer waren billig zu haben; sie wurden aufgearbeitet und dann an Destillerien verkauft. "Und so ist das eigentlich alles entstanden", erzählt der Böttcher.
Aufarbeiten alter Holzfässer als Hauptgeschäft
Heute gehört das Aufarbeiten von alten Barrique-Fässern – Fässern aus Eichenholz – zum Hauptgeschäft der Fabrik. In diesen Fässern reifen beispielsweise Wein, Rum oder Whisky. Neue Fässer baut Krogemann nur noch selten. In Spanien, Frankreich und Italien gebe es Massenfertigungen, dort seien die Fässer deutlich günstiger. Seine vier Mitarbeiter sind fast alle Quereinsteiger. Ausgebildete Fassmacher gibt es kaum noch.
Eine Zeit lang war Barrique-Wein verpönt. 20, 30 Jahre lang wurde der nicht gern getrunken. Da ist halt ein Riesenknick gewesen.
Christoph Krogemann über den Niedergang des Böttcherhandwerks.
Bremen als Hafenstadt hatte viele Böttcherei-Betriebe. Die Böttcherstraße in der Bremer Innenstadt erinnert daran. Als Krogemanns Großvater 1954 den Betrieb übernahm, habe es in Bremen noch um die 36 Fassfabriken gegeben, sagt Krogemann. In den 1960er- und 70er-Jahren mussten viele schließen, denn die Holzfässer für den Wein wurden durch Fässer aus glasfaserverstärktem Kunststoff oder Edelstahl ersetzt. Die waren haltbarer und preisgünstiger. Dazu kam ein veränderter Geschmack: "Eine Zeit lang war Barrique-Wein verpönt. 20, 30 Jahre lang wurde das nicht gern getrunken. Da ist halt ein Riesenknick gewesen."
Die Fassfabrik Alfred Krogemann habe überlebt, weil sie früh auf den Export setzte, sagt Krogemann. Sein Großvater und Vater hätten gute Kontakte ins Ausland gehabt. Davon profitiere die Fabrik noch heute. Eine große Rum-Firma aus den Niederlanden gehörte zu den ersten Kunden des Familienbetriebs – und ist es bis heute.
Optimistischer Blick in die Zukunft
Um seine Zukunft macht sich Christoph Krogemann deshalb keine Sorgen. Seine Branche sei noch lange nicht tot. Im Fass gereifter Wein, Whisky oder Rum sind wieder gefragt. Und Krogemanns Fässer sind auch als Deko beliebt: Auf seine ausgewählten Möbel – beispielsweise Regale in Fassform – warten seine Kunden mitunter zwei Jahre.
"Uns geht es gut", sagt Christoph Krogemann. Es habe bessere und schlechtere Jahren gegeben, das sei ausgewogen. "Es wurde schon damals in den siebziger Jahren zum Großvater gesagt: 'In zehn Jahren gibt es keine Fässer mehr.' Zehn Jahre später wurde zu meinem Vater gesagt: 'In zehn Jahren gibt es keine mehr.' Heute sagen sie zu mir: 'Die Fässer gibt es bald nicht mehr.' Und die gab es immer."
Christoph Krogemann zu Gast in der Bremen-Zwei-Gesprächszeit mit Christian Erber
Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, 21. Februar 2022, 10:40