Die regionale Reportage Taucher bergen Geisternetze vor den Ostfriesischen Inseln
Standdatum: 4. Mai 2022.
Profitaucher suchen im Wattenmeer vor den Ostfriesischen Inseln Spiekeroog und Langeoog nach sogenannten Geisternetzen. Die alten Fischernetze sind eine große Gefahr für Mensch und Tier.
Geisternetze sind ein riesiges Problem in allen Meeren. Nach Informationen von "Ghost Diving", einer internationalen Hilfsorganisation mit Sitz in den Niederlanden, gelangen jährlich schätzungsweise 640.000 Tonnen Netze und andere Fischereiausrüstung ins Meer, auch in die Nordsee.
Dramatische Folgen für das Ökosystem
Die Folgen sind dramatisch: Die Fischernetze aus Kunststoff sind hochproblematisch für das Ökosysten, denn sie zersetzen sich zu Mikroplastik. Fische und Krebse verfangen sich in den Netzen, sie locken größere Tiere wie Schweinswale und Seehunde an. Die bleiben hängen, verheddern sich und verenden qualvoll.
Andere Tiere verwechseln die Netze mit Nahrung. So wurden 2016 bei gestrandeten Pottwalen Netze im Magen gefunden. Und auch manche Vögel auf Helgoland geraten in Gefahr: Sie nutzen Reste alter Netze für den Nestbau und bringen so sich und ihre Jungen in Gefahr. Gefährlich sind die Netze auch für die Menschen: Wenn Boote in ein umhertreibendes Fischernetz fahren, sind sie häufig manövrierunfähig.
Gefährliche Bergungsaktion an alten Schiffswracks
Deshalb suchen in der ersten Maiwoche täglich zwei Schiffe und mindestens zehn Profitaucher der Gruppe "Ghost Diving Germany" rund um die Inseln Spiekeroog und Langeoog nach Geisternetzen. Die Arbeit ist gefährlich, denn die Nordsee ist durch die Gezeiten, trübe Sicht und starke Strömungen ein schwieriges Revier. Die Taucher wollen gezielt alte und neue Schiffswracks unter Wasser ansteuern, die in Seekarten verzeichnet sind, erklärt Organisator Henning Bernau. "Die Netze wabern durch die Nordsee und verfangen sich daran."
Aus Netzen wird Kleidung
Die tonnenschweren Netze werden freigeschnitten und dann mit Schwimmpoldern geborgen, die von den Tauchern unter Wasser aufgepumpt werden. Die Netze werden zum Trocknen an Land gebracht; etwa zwei Wochen lang liegen sie in den Küstenbädern Harlesiel und Neuharlingersiel. Danach werden die trockenen Netze verkauft: an eine Firma, die das Material recycelt und daraus Kleidungsstücke – zumeist T-Shirts und Socken – herstellt.
Unterstützung durch Küstenbäder
Unterstützt wird die Aktion vom Nordseebad Carolinensiel-Harlesiel. Die Kurverwaltung stellt während dieser Woche den Tauchern Unterkünfte zur Verfügung, außerdem hat sie die Schiffe für die Geisternetzsuche besorgt. Das liege auch im eigenen Interesse, sagte Marketingleiter Markus Harazim: "Durch die Bergung der Netze tun wir etwas für die Natur." Das sei für die Einheimischen und die Gäste sehr wichtig.
Und zu tun haben die Taucher genug, sagt Bernau: "Wir konzentrieren uns auf die Inseln. Da ist so viel los, da müssen wir uns leider keine Sorgen machen, ob wir genug zu tun haben."