Die Morgenandacht Auswendig
Standdatum: 21. September 2023.
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- Verfügbar bis: 20. September 2025 Informationen zur Verweildauer
"Atemlos durch die Nacht" – "Geh‘ aus mein Herz" – Der 23. Psalm. Viele Menschen kennen irgendwelche Gedichte und Lieder auswendig. Gewollt oder nicht. Pastorin Inge Kuschnerus erzählt von Texten und Liedern, die zum Schatz werden können, wenn man sie in sich trägt.
"Atemlos durch die Nacht…" so schallt es schon den ganzen Morgen durch mein Fenster. Ich wohne neben einem Kindergarten mit dazugehörigem Spielplatz. Da sitzen zwei Kerlchen auf der Schaukel und schmettern den Schlager so laut sie können. Sie haben ihn offenbar zuhause rauf und runter gehört. Da soll nochmal jemand sagen, die Kinder lernen heute nichts mehr auswendig.
Ich habe früher im Kinderchor gesungen. Auch in der Grundschule wurde viel gesungen. Die Lieder von damals singe ich heute noch gern. Die Texte sitzen einfach. Ich finde das richtig gut. Sie kommen mir nämlich immer mal in den Sinn, einfach so. Beim Staubsaugen oder beim Fahrradfahren. Nicht alle Lieder, die ich mal gelernt habe, haben einen tieferen Sinn. Manche zählen nicht unbedingt zum Kulturgut.
Es gibt aber auch Texte, die sind echte Schätze. Da bin ich froh, dass ich sie mal gelernt habe. Sie bewahren jahrhundertealte, menschliche Erfahrung auf. Sie bieten sich mir an als Sprache, wenn mir eigene Worte fehlen.
So hat es mir mal eine ältere Frau erzählt. Sie hat viel Schlimmes durchlitten auf der Flucht. Sie sagt: "Es war furchtbar und ich dachte oft, es geht nicht mehr. Wenn ich die Lieder und Gebete nicht gehabt hätte, dann hätte ich es nicht geschafft." Die Lieder hatte sie als Kind gelernt. Sie waren ihr Schatz, ihre Wunderkammer, sie waren für sie wie tägliches Brot zum Leben. Sie hat sie für sich selbst und ihre Kinder gebetet und gesungen.
Kinder lernen so schnell, ganz nebenbei. Sie sind nicht wählerisch. Ob Schlager oder Kindergartensong – sie machen mit. Ich hoffe aber, dass sie hin und wieder auch solche Schätze angeboten bekommen. Worte, die sie durch ihr Leben begleiten und ihnen helfen.
"Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln. Er weidet mich auf einer grünen Aue und führet mich zum frischen Wasser." Schon Kinder können das verstehen. Sie freuen sich am Rhythmus der Sprache und an dem tröstlichen Bild eines Gottes, der sich kümmert.
Wie war das doch gleich?
"Der Herr ist mein Hirte,
mir wird nichts mangeln.
Er weidet mich auf einer grünen Aue
und führet mich zum frischen Wasser.
Er erquicket meine Seele.
Er führet mich auf rechter Straße
um seines Namens willen.
Und ob ich schon wanderte im finstern Tal,
fürchte ich kein Unglück;
denn du bist bei mir,
dein Stecken und Stab trösten mich.
Du bereitest vor mir einen Tisch
im Angesicht meiner Feinde.
Du salbest mein Haupt mit Öl
und schenkest mir voll ein.
Gutes und Barmherzigkeit
werden mir folgen mein Leben lang,
und ich werde bleiben
im Hause des HERRN immerdar."