Die Morgenandacht Wir sehen uns im August

Sabine Kurth
Sabine Kurth

Die Morgenandacht Wir sehen uns im August

Sommerzeit ist Bücherzeit. Im Urlaub schmökern viele Menschen tagelang. Endlich ohne Pausen zum Arbeiten oder für andere Dinge des Alltags. Pastorin Sabine Kurth stellt in dieser Woche Bücher vor, die sie begleitet und bewegt haben. Heute den Roman "Wir sehen uns im August" von Gabriel Garcia Marquez.

Bild: Radio Bremen

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Sommerzeit ist Bücherzeit. Im Urlaub schmökern viele Menschen tagelang. Endlich ohne Pausen zum Arbeiten oder für andere Dinge des Alltags. Pastorin Sabine Kurth stellt in dieser Woche Bücher vor, die sie begleitet und bewegt haben. Heute den Roman "Wir sehen uns im August" von Gabriel Garcia Marquez.

In ihm fährt die Hauptfigur Ana Magdalena Bach jedes Jahr im August auf eine kleine Karibikinsel und besucht dort das Grab ihrer Mutter. Sie ist 46 Jahre alt, verheiratet und hat vermeintlich alles, was man so braucht. Sie fährt immer mit dem gleichen Schiff. Die Frau im Blumenladen hat ihr schon den jährlichen Gladiolenstrauß vorbereitet. Derselbe Taxifahrer bringt sie zu einem kleinen, heruntergekommen Friedhof auf der Insel. Es ist immer heiß, sie ist immer alleine dort. Sie legt die Blumen auf das Grab, erzählt der Mutter die Neuigkeiten des vergangenen Jahres. Nicht viel, denn so viel Neues passiert nicht in ihrem Leben.

Alles hat einen festen Ablauf. Und dann nimmt sie die letzte Fähre um nach Hause zu fahren. Bis sie in einem August den Einfall hat, aus dem alljährlichen Ritual auszubrechen. Sie sucht sich ein Hotelzimmer, geht an die Bar und lernt einen Mann kennen. Mit dieser Zufallsbekanntschaft verbringt sie die Nacht. Das verändert sie und auch ihren Blick auf ihr Leben. Sie merkt plötzlich, was ihr fehlt. Die Routine ihres Lebens hat sie schon lange nicht mehr wirklich zufrieden gemacht. Und sie bekommt einen neuen Blick auf ihre Ehe und die damit verbundenen Konventionen

Sie findet dieses so ganz andere Lebensgefühl so erfrischend, dass sie diesen alljährlichen Ehebruch als neues Ritual etabliert. Sie verändert sich, genießt die erotischen Nächte. Genießt diese kleine Auszeit. Sicherlich ist das nicht ganz moralisch korrekt, was Ana da tut. Doch nicht der Ehebruch steht im Vordergrund. Es geht um Sehnsucht, Begehrt werden. Um die Lust am Leben.

Um das Gefühl, gesehen zu werden. Wirklich wahrgenommen zu werden und eben nicht selbstverständlich gesehen zu werden, wie der Schrank oder der Tisch. Marquez erzählt wunderbar. Ich habe die tropische Wärme der Insel beim Lesen gespürt. Habe die Musik im Ohr gehabt und konnte den Geschmack des Essens kosten. War ganz mit Ana auf ihrer Reise zu sich und dem, was ihr wirklich wichtig im Leben ist. Mit dem Gefühl, ich möchte wahrgenommen werden. Ich – so wie ich bin. Ernstgenommen werden, mit dem, was ich möchte. Gehört werden, wo meine Sehnsüchte beheimatet sind.

Und dann bin ich froh, dass ich bei einem all das finde, der mich genauso will, wie ich bin. In einem kleinen Satz drückt es die Bibel so aus: Du bist ein Gott der mich sieht!

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  • Sabine Kurth

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