Im Porträt Sieben Jahre auf See: Dieses Bremer Paar umsegelte die Welt
Standdatum: 26. Januar 2024.
Claudia Clawien und Jonathan Buttmann haben ihre Südsee-Träume verwirklicht. Das Paar hat sich ein Boot gekauft und schließlich sieben Jahre auf See verbracht. Ihre Abenteuer erzählen in ihrem Buch "Sieben Farben Blau".
Zehn Quadratmeter auf zehneinhalb Meter Länge – das war für sieben Jahre das Zuhause von Claudia Clawien und Jonathan Buttmann. Rückzugsmöglichkeiten gab es so gut wie keine auf ihrer Segelyacht "Inti". Aber: "Es hat sehr gut funktioniert. Ich habe auch das Gefühl, wir sind in unserer Beziehung eher daran gewachsen", erzählt Jonathan Buttmann, wenn er zurückblickt.
Der Krebs hat mir damals klar vor Augen geführt, dass es keine Sicherheiten gibt.
Jonathan Buttmann über die Entscheidung, seine Träume auch wirklich umzusetzen
Geträumt vom Aussteigerleben hatten die beiden Bremer schon lange, doch immer wieder haben sie ihre Ideen auf die lange Bank geschoben. Sie lebten in Berlin-Friedrichshain in einer 100 Quadratmeter-Wohnung, arbeiteten als Toningenieur im eigenen Studio und als Sozialpädagogin: "Wir haben alles mitgenommen, was so ging an Partys, Kino und kulturellen Veranstaltungen." Erst Buttmanns Krebserkrankung hatte etwas verändert: "Der Krebs hat mir dann damals doch klar vor Augen geführt, dass man seine Lebensträume vielleicht nicht auf die lange Bank schieben sollte. Dass es eigentlich keine Sicherheiten dafür gibt, dass man beispielsweise das Rentenalter erlebt", erinnert sich Buttmann an die Zeit bevor sie sich ihr Segelboot kauften.
Vor dem Panama-Kanal war das Geld alle
Gestartet sind Claudia Clawien und Jonathan Buttmann im Bremer Holzhafen, nur wenige Tage nach der letzten Nachsorgeuntersuchung nach der überstandenen Krebserkrankung. Der Plan: zwei Jahre unterwegs sein. Das große Ziel: Den Pazifik erreichen.
Am Ende wurden es sieben statt zwei Jahre Segeltörn, weil sie gleich zu Anfang ihre Pläne geändert hatten. Statt im ersten Jahr direkt in die Karibik zu segeln, segelten sie erst von den Kapverden aus nach Brasilien. "Und da standen wir dann irgendwann in Panama vor dem großen Kanal, haben gemerkt, wir haben kein Geld mehr – wir wollen aber noch weiter", erzählt Claudia Clawien. "Und dann haben wir uns dazu entschieden, in Deutschland alles aufzugeben, alles auf eine Karte zu setzen, um die Welt – die Südsee – dann auch zu erleben."
Das ist natürlich Fototapete pur!
Claudia Clawien über Inseln wie Tahiti, Fidschi oder Tuvalu
Buttmann gab den Job, bei dem er noch einen Fuß in der Tür hatte, endgültig auf. Sie kündigten die bis dahin noch untervermietete Wohnung, verkauften alle Habseligkeiten und stachen dann wieder in See und dieses Mal mit offenem Ende. Ein bisschen Geld verdienten sie sich nebenbei in den Häfen mit Reparatur- und Malerarbeiten oder mit Nachhilfe für Kinder. Am besten gefiel es den beiden in Polynesien zwischen Osterinsel, Neuseeland und Hawaii. "Es ist natürlich Fototapete pur", schmunzelt Claudia Clawien: "Das sind weiße Strände, schlanke Palmen, es ist wunderschön anzusehen und es riecht richtig gut. Die Blumen dort strömen einen intensiven Duft aus."
Aber auch die offene, freundliche Willkommenskultur hat die beiden begeistert: "Wie wir jetzt durch die Welt gereist sind, und wie wir mit Menschen in Kontakt gekommen sind und wie wir aufgenommen wurden, ist es so, dass ich eigentlich kaum noch Berührungsängste mit Menschen habe. Das hat sich komplett geändert", sagt Claudia Clawien.
Da lernt man, dass man Situationen aushalten muss und das auch kann.
Claudia Clawien über das Wichtigste, was sie auf See gelernt hat
Das wichtigste, was die Buttmann und Clawien auf See gelernt haben? Sich gelassen den Situationen zu stellen. Zwei Mal gerieten die beiden in einen schweren Sturm, wo die Abläufe an Deck einfach sitzen müssen: "Da kann man unglaublich viel über sich lernen. Also ich war schon ängstlich. Da lernt man, dass man Situationen aushalten muss und das auch kann“, so Claudia Clawien.
Immerhin: Außer den größeren Stürmen, Buttmanns Seekrankkeit und einigen herausfordernden Flauten, sind die beiden von Gefahren, wie zum Beispiel Begegnungen mit Piraten, verschont geblieben. Ein bisschen Sorge hatten sie, als ihrem Boot die passenden Ersatzteile fehlten und sie bei schlechtem Wetter in der Karibik segelten. Auch die Finanzierung des Lebensunterhalts auf See blieb eine Herausforderung. Am Ende ihrer Reise haben die beiden "Blauwasser"-Segler ihre "Inti" auf Fidschi verkauft, weil die finanziellen Rücklagen komplett aufgebraucht waren: "Das hat sehr geschmerzt", so Clawien, "denn es war unser Zuhause für sieben Jahre."
Außer einer Kuscheldecke braucht es wenig
Zurück in Deutschland können sie dem wechselhaften Herbst- und Winter-Wetter durchaus etwas abgewinnen. Claudia Clawien genießt es, nach viel Schwitzerei unter der Sonne auch mal zu frieren, und Jonathan Buttmann stimmt ihr zu: "Manchmal hat der deutsche Winter auch so seine Gemütlichkeit. Wir haben es tatsächlich vermisst – und das glaubt uns immer keiner, wenn wir das erzählen – uns in eine warme Decke zu kuscheln."
Wir brauchen gar nicht mehr so viel Platz. Uns ist viel wichtiger geworden, Zeit für einander zu haben.
Jonathan Buttmann über das neuen Leben zurück in Deutschland
Heute schreiben sie über das Segeln, halten Vorträge und machen Workshops über Ozeanüberquerungen und haben gemerkt, dass sie weniger zum Leben brauchen als vorher: "Auf der Reise haben wir ungefähr 1500 Euro im Monat ausgegeben. Davon haben wir in Berlin gerade mal unsere Wohnung bezahlt vorher. Und wir merken: Wir brauchen auch gar nicht mehr so viel Platz. Uns ist viel wichtiger geworden, Zeit für einander zu haben", so Buttmann. Und der Plan für den nächsten Segeltrip liegt auch schon in der Schublade. Ein neues Boot wartet schon auf dem Bodensee auf sie, mit dem sie die Donau runter bis nach Griechenland fahren wollen.
Claudia Clawien und Jonathan Buttmann bei DAS!
Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Gesprächszeit, 26. Januar 2023, 18:05 Uhr