Im Porträt Galeristin Corona Unger verkauft bundesweit Kunst - auch online
Standdatum: 15. Juni 2023.
"Corona Unger" – so heißt eine Kunstgalerie in Bremen-Schwachhausen. Der Name ist nicht etwa ein abgeschmackter Werbegag aus der Pandemiezeit, sondern weist auf die Galeristin selbst hin: Corona Unger, die seit über 11 Jahren nationale und internationale Kunst zeigt.
Seit 46 Jahren hört sie auf den Namen "Corona". Ihre Mutter hatte ein Buch gelesen über die Sängerin Corona Schröter, eine Freundin Goethes, und wählte den klangvollen Vornamen dann für ihre Tochter. Corona Unger kam damit gut durchs Leben - bis zur Pandemie: "Mit der Zeit ist so ein bisschen Galgenhumor draus geworden. Etwas Anderes bleibt einem ja auch nicht übrig. Und ich habe dann angefangen ein paar schöne deutsche zusammengesetzte Substantive zu sammeln, wie "Corona-Kilos", die mich immer wieder zum Lachen reizen."
Die Werke sind so frisch, dass man auch noch das Öl riecht.
Corona Unger über ihre Begeisterung für zeitgenössische Kunst
Immerhin hat die Galerie "Corona Unger" das Virus überlebt, trotz Lockdowns. Seit mittlerweile elf Jahren wird in dem Altbremer Haus in Bremen-Schwachhausen auf drei Etagen in wechselnden Ausstellungen zeitgenössische Kunst präsentiert: "Das Tolle an zeitgenössischer Kunst ist das Gefühl, man wäre fast noch im Atelier. Weil die Werke so frisch sind, dass man noch das Öl riecht. Und man darf auch mal ranfassen. Das geht natürlich im Museum nicht."
Ich nehme manchmal einfach ein Bild aus dem Atelier mit und sage: "Das finde ich so toll. Das ist jetzt fertig."
Corona Unger über die künstlerische Arbeit ihres Mannes Nicholas Bodde
30 nationale und internationale Künstlerinnen und Künstler gehören zum Galerie-Programm. Malerei, Skulptur, Objektkunst und Fotografie. Auch Corona Ungers Ehemann ist vertreten, der Bremer Künstler Nicholas Bodde. In dessen farbintensive Streifen-Bilder hatte sich Corona Unger schon verliebt, bevor sie dem Künstler überhaupt begegnet war. Inzwischen darf sie sich sogar manchmal in den Entstehungsprozess seiner Arbeiten einmischen: "Natürlich kenne ich seine Arbeiten besonders gut. Und wenn ich eins besonders gut gelungen finde, suche ich mir das gern für die Galerie aus. Und ich gebe auch vielleicht mal meinen Senf dazu. Zum Beispiel nehme ich manchmal einfach ein Bild aus dem Atelier mit und sage, das finde ich so toll. Das ist jetzt fertig."
Jedes Werk bekommt seinen eigenen Auftritt
Umgekehrt unterstützt Nicholas Bodde seine Frau in der Galerie. Bei der Auswahl der Künstlerinnen und Künstler, dem Transport der Bilder und bei der Hängung der Kunstwerke. Auch wenn jedes Werk seinen eigenen Auftritt bekommt, soll sich alles zu einer harmonischen Ausstellung fügen: "Wir hängen es gern ein bisschen enger. Damit man es sich bei sich zuhause vorstellen kann. Denn in der Regel hat man nicht drei Wände des Raumes frei. Man hat auch noch Regale und Schränke und Lampen und so weiter. Insofern geben wir den Werken gern so viel Raum wie wir meinen, dass sie brauchen."
Ich kann mir nicht vorstellen, dass da ein Eiserner Vorhang war.
Corona Unger über ihre Kindheit in der DDR
Corona Unger ist 1977 in Erfurt geboren, also noch zu DDR-Zeiten. Sie war zwölf Jahre alt, als die Mauer fiel: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass da ein Eiserner Vorhang war. Mein kleiner kindlicher Radius war da einfach noch nicht so weit. Tatsächlich hatte ich das Glück eine ungestörte Kindheit zu haben. Ich erinnere mich an herrliche Urlaube an der Ostsee. Meine Eltern und ich waren auch in der Kirche, wir hatten da – Gott sei Dank – keine Reglementierung."
Via Italien und Oxford nach Bremen
Als sie später das erste Mal ans Mittelmeer reisen konnte, war sie überwältigt vom Türkis, den die Ostsee nicht zu bieten hat. Als Kind hatte sie vermutet, die Urlaubs-Postkarten der westlichen Verwandtschaft seien coloriert. Nahe am Mittelmeer lebte Corona Unger dann während ihres Studiums der Kunstgeschichte im italienischen Macerata. Auch das Leben an einer Elite-Universität hat sie kennengelernt. Oxford gefiel ihr gut – abgesehen vom Essen.
Bevor Corona Unger 2012 ihre eigene Galerie in Bremen eröffnete, hat sie in anderen Galerien und Museen gearbeitet. Direkt nach ihrem Studium hatte sie sich beim ‚Paula Modersohn-Becker Museum‘ beworben. So ist sie überhaupt nach Bremen gekommen: "Ich habe mich gar nicht fremd gefühlt. Ich hatte gar nicht das Gefühl in den berühmten Westen gegangen zu sein, sondern im Norden angekommen zu sein. Und da ich ja viel auch vor der Wende in Norddeutschland gewesen bin, in Rostock und so weiter, waren mir die Backsteine vertraut und die Weserrenaissance hat mir sehr gefallen. Und ich finde nett, dass man sich schnell duzt. Das ist in meiner Heimat eher nicht so, über Jahrzehnte bleiben die beim "Sie".
"Ich habe es lange Zeit nicht ansatzweise geglaubt, dass man über das Internet Kunst verkaufen kann. Das nimmt jetzt doch ein bisschen zu.
Corona Unger über zunehmende Online-Verkäufe
Die Kundschaft der Galerie ‚Corona Unger‘ stammt nicht nur aus Bremen, sondern aus ganz Deutschland. Und neuerdings kommt die Kundschaft auch online vorbei. "Ich habe es lange Zeit nicht ansatzweise geglaubt, dass man über das Internet Kunst verkaufen kann. Das nimmt jetzt doch ein bisschen zu. Vielleicht auch schon zur Pandemie, als man noch mehr am Bildschirm gesessen hat und viele Leute sich auch einen künstlerischen Hintergrund für all ihre Videokonferenzen geschaffen haben. Aber dass jetzt Leute sich durchaus für Kunstwerke entscheiden, ohne sie im Original gesehen zu haben, das habe ich wirklich lange Zeit nicht geglaubt. Aber das passiert."
Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Gesprächszeit, 15. Juni 2023, 18:05 Uhr