Im Porträt Filmstar Juliane Köhler erzählt von ihrem schwierigen Karrierestart

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Schauspielerin Juliane Köhler sitzt in einer Reihe roter Kinosessel (Archivbild)
Ist eher ein stiller Star: Schauspielerin Juliane Köhler Bild: Imago | APress

Seit "Aimée und Jaguar" und "Nirgendwo in Afrika" sind Frauen mit einem Knick in der Seele Juliane Köhlers Vorlieben. Die Schauspielerin ist schon mehrfach ins Oscar-Rennen gestartet und auch am Münchner Residenztheater engagiert. Ihr neuer Film "Sonnenplätze" ist wieder ein Herzensprojekt der 59-Jährigen.

Schauspielerin Juliane Köhler sitzt in einer Reihe roter Kinosessel (Archivbild)

Gesprächszeit Juliane Köhler

Juliane Köhler wurde berühmt mit ihren Rollen in "Aimée und Jaguar" und "Nirgendwo in Afrika". Nun kommt "Sonnenplätze" ins Kino - ein neues Herzensprojekt.

Bild: Imago | APress

Die 13-jährige Juliane Köhler wollte eigentlich gerne Clown werden und an die Schule des bekannten Schweizer Clowns Dimitri. Doch ihr Wunsch scheiterte schon an den einfachsten Akrobatik-Übungen: "Ich war in Sport so eine richtige Niete. Die allerletzte, die gewählt wurde in Gruppen. Und da habe ich einfach gemerkt, das geht nicht. Ich konnte kein Salto und kein Flick-Flack."

1987, da wohnte ich im East Village in so einem kleinen Zimmer im Keller.

Juliane Köhler über ihre Schauspiel-Ausbildung in New York

Dann wollte die Waldorf-Schülerin, die auf Friedensdemonstrationen gegen Waffen auf die Straße ging, Schauspielerin werden. Doch auch in diesem Fach gelang Juliane Köhler nicht der Blitzstart. Neunmal wurde das schüchterne Mädchen an Schauspielschulen abgelehnt: "Sie haben mir zum Teil auch geraten, was Anderes zu machen." Die Flinte warf sie trotzdem nicht ins Korn. In New York gelang ihr schließlich bei Uta Hagen die Aufnahmeprüfung und Amerika rief: "Das war total aufregend. Das war 1987, da wohnte ich im East Village in so einem kleinen Zimmer im Keller. Bei einer Familie unten drin, ich hatte kein Fenster und habe 200 Dollar für dieses Zimmer bezahlt."

Durchbruch mit "Aimée & Jaguar"

Seit diesem Sprung ins kalte Wasser hat Juliane Köhler gelernt, keine Angst vor unbekannten Dingen zu haben. Zurück in Deutschland brauchte es aber nach rund 70 Job-Absagen dennoch Starthilfe. Die Chance tat sich auf, als sie bei Proben des Regisseurs Niels-Peter Rudolph zusah und ein Schauspieler nicht erschien. "Dann sagte dieser berühmte Regisseur: 'Sie haben mir doch gerade gesagt, sie wollen was lernen. Bevor wir jetzt eine Tasse Kaffee trinken, gehen Sie doch bitte auf die Bühne und spielen mir was vor. Könnte Ihre Chance sein.'"

Das war wirklich ein Fest damals.

Juliane Köhler über ihren Debüt-Erfolg mit "Aimée und Jaguar"

Und Juliane Köhler packte die Gelegenheit beim Schopfe, endlich in Deutschland als Schauspielerin Fuß zu fassen. Es folgte ein Engagement am Bayerischen Staatsschauspiel München und 1999 gelang ihr an der Seite von Maria Schrader der große Durchbruch in Max Färberböcks Liebesgeschichte "Aimée & Jaguar": "Ich habe diesen Erfolg total genossen. Wir waren mehrmals in Hollywood. Das war wirklich ein Fest damals."

Verklagt und rausgeschmissen vom Theater

Allerdings bezahlte sie den Film-Erfolg mit ihrem Theaterjob. Damals war es noch nicht gern gesehen, wenn Ensemble-Mitglieder für Dreharbeiten abwesend waren. Weil sie wegen der Dreharbeiten aber einen Probentermin am Theater nicht wahrnehmen konnte, wurde sie verklagt und entlassen. "Das war für mich eher unverständlich, dass ich das nicht machen sollte oder durfte." Wenige Jahre später durfte sie dann doch zurückkehren und ist inzwischen wieder am Bayerischen Staatsschauspiel engagiert: "Wenn man eine Familie noch dranhängen hat, ist es toll, dass ich einen festen Job habe und mir dann auch noch aussuchen kann, welche Filme ich drehe. Ich muss ja nicht jeden blöden Quatsch mitmachen, nur um meine Brötchen zu verdienen."

Im Kino mit "Sonnenplätze"

Jetzt ist Juliane Köhler wieder mit einem neuen Film im Kino zu sehen. "Sonnenplätze" ist eine Familienkomödie und gleichzeitig ein Drama mit Tiefgang. Auf der kanarischen Insel Lanzarote treffen ungeplant die geschiedenen Elternteile Sybille und Jo sowie ihre erwachsenen Kinder Frederick und Sam aufeinander. "Die ganze Familie ist etwas desolat oder dysfunktional", fasst Köhler zusammen. Tochter Sam scheitert an ihrem Buchprojekt und Sohn Frederick hadert damit, dass er Weltklasse-Pianist werden soll.

Juliane Köhler lachend im Film "Sonnenplätze" (2023)
In "Sonnenplätze" spielt Köhler Mutter Sybille, die das Haus auf Lanzarote, das alle lieben, verkaufen will. Bild: boxfish films

Beide fahren heimlich in Mamas Sybilles Häuschen auf Lanzarote. Dort hat sich aber schon Vater Jo heimlich in das Ferienhaus seiner Ex-Frau eingenistet und Sybille – gespielt von Juliane Köhler – schneit schließlich mit ihrem Liebhaber herein und will das Domizil auf den Kanaren verkaufen. "Es ist sehr dramatisch – und man erkennt sich auch wieder", schmunzelt Köhler. "Es ist eine Geschichte, wo sich alle ein wenig wiedererkennen."

Ich bin in einer Familie aufgewachsen, wo es wenig Nähe gab.

Juliane Köhler über ihr eigenes Aufwachsen

Liebe gibt es in "Sonnenplätze" nicht ohne Leiden. Jeder braucht jeden und doch ringen alle darum, sich von den den anderen zu befreien. Juliane Köhler ist selbst Scheidungskind und kann eigentlich gut mit Streit umgehen: "Ich bin in einer Familie aufgewachsen, wo es wenig Nähe gab und körperliche Berührung war nicht üblich bei uns. Meine Eltern sind beide Kriegskinder und sind da stark traumatisiert gewesen. So ein bisschen was haben die Eltern von Sam auch: so ein bisschen die Unfähigkeit zu reden und zu streiten. Vieles ist unausgesprochen in dieser Familie."

Sehnsuchtsort Griechenland

"Sonnenplätze" ist das Langspielfilm-Debüt von Nachwuchs-Regisseur Aaron Arens. Das Drehbuch hatte er schon früh Juliane Köhler in die Hand gedrückt: "Ich fand es unglaublich gut geschrieben. Die Figuren sind alle sehr vielschichtig, es ist sehr tiefgründig und man schwankt die ganze Zeit zwischen Lachen und Weinen hin und her." "Sonnenplätze" wurde schnell zu einem Herzensprojekt, für das sich Köhler persönlich ins Zeug gelegt und gute Worte bei Geldgebern eingelegt hat.

Dort kann ich Wochen verbringen, ohne etwas zu tun.

Juliane Köhler über ihr Haus in Griechenland

Zuhause in ihrer Wohnung in München reihen sich inzwischen im Regal die Preise aneinander: Der silberne Bär der Berlinale, der Bayerische Filmpreis, der Bayerische Verdienstorden und viele mehr. Auch der Oscar war schon in Reichweite. Doch Juliane Köhler hat nie ihren Kleiderschrank der Klatschpresse gezeigt oder ihr Privatleben in der Öffentlichkeit ausgebreitet. Sie ist ein stiller Star, der zwar ab und an erkannt wird, aber nie den großen Rummel gesucht hat. In den Bergen oder in Griechenland, wo sie inzwischen eine einsame Haus-Ruine am Meer gekauft hat, ist sie privat am liebsten: "Dort finde ich meinen Frieden, meine Ruhe und dort kann ich Wochen verbringen, ohne etwas zu tun."

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Gesprächszeit, 22. August 2024, 18:05 Uhr

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