Im Porträt Warum Bestseller-Autorin Katja Lewina jetzt über den Tod schreibt

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Porträt von Katja Lewina
Die Autorin Katja Lewina will Tabuthemen aus der Dunkelheit holen. Bild: DuMont Verlag | Lukas Hasselmann

Das Buch "Sie hat Bock" hat Katja Lewina zur Bestseller-Autorin gemacht und uns eine Frau gezeigt, die ganz offen und ohne Scham über weibliche Lust, Sexualität und Sexismus sprechen kann. In ihrem neuesten Buch "Was ist schon für immer: Vom Leben mit der Endlichkeit" geht es um ein weiteres Tabu: den Tod.

Porträt von Katja Lewina

Gesprächszeit Wie Katja Lewina Tabuthemen aus der Dunkelheit holt

Katja Lewina schrieb in den letzten Jahren über Sexualität und Beziehungsideale. Nun widmet sich die Autorin von "Sie hat Bock" dem Thema Sterblichkeit.

Bild: DuMont Verlag | Lukas Hasselmann

Nachdem ihr siebenjähriger Sohn ganz plötzlich verstarb und auch bei ihr eine tödliche Herzerkrankung diagnostiziert wurde, ist für die Berliner Autorin der Tod zum Greifen nah.

Ein völlig gesundes Kind ist plötzlich tot.

Katja Lewina verlor ihren Sohn 2021 ohne Vorwarnung.

Auch wenn Katja Lewina natürlich klar war, dass jedes Leben irgendwann endet, hielt sie sich immer für unsterblich und den Tod für etwas, das eben anderen passiert – nur nicht ihr selbst. Doch dann bekommt ihr siebenjähriger Sohn Moritz plötzlich Bauchweh und stirbt von einem Tag auf den anderen. "Ein völlig gesundes Kind ist plötzlich tot", erzählt die 40-jährige Autorin noch immer fassungslos. Und damit nicht genug: Kurz darauf wird auch bei Katja Lewina eine erblich bedingte Herzerkrankung diagnostiziert, die sehr schnell zum plötzlichen Herztod führen kann. Beschwerden hatte die junge Mutter schon länger, doch die wurden von den Ärzten bislang als psychosomatisch abgetan.

Ich erfuhr, dass ich in jedem Moment meines Lebens plötzlich hätte umfallen können.

Erst Moritz Tod deckte ihre eigene Herzkrankheit auf.

Katja Lewina fällt in einen Abgrund. Sie lernt Gefühle kennen, die sie vorher nie hatte: Auf einmal ist sie ängstlich und tief verunsichert. Sie weiß: Jetzt kann alles passieren. Gleichzeitig merkt Lewina in dieser Zeit, dass sie unbedingt leben will –aber nicht wie vorher, sondern bewusster und glücklicher. Die Autorin räumt ihr Leben auf und trennt sich dabei unter anderem von ihrem Ehemann, mit dem sie seit 2014 in einer offenen Beziehung lebte: "Es war immer ein Drama in meinem Leben mit mir und den Männern. Und das wollte ich nicht mehr."

Aus gescheiterten Beziehungen lernen

Um sich selbst und ihre Beziehungen besser zu verstehen, setzt sie sich im Nachhinein intensiv mit ihren Ex-Freunden auseinander. Für ihr Buch "Ex" (DuMont, 2022) trifft sie zehn Männer, mit denen sie Beziehungen geführt hat, und lernt dabei viel über sich selbst und ihren Anteil am Ende jeder Beziehung.

Vielleicht liegt es daran, dass ich wie in so einer Ahnenreihe von Menschen stehe, denen wirklich sehr viel Schreckliches widerfahren ist.

Trotz allem hat Katja Lewina ihren Grundoptimismus bewahrt.

In dieser Zeit entscheidet sich die Autorin dafür, dass sie nicht im Groll verharren, sondern sich dem Schönen zuwenden möchte. Dazu gehört auch, vielen nahestehenden Menschen zu vergeben und deren Fehler zu akzeptieren. Manchmal weiß Lewina selbst nicht, woher sie die Kraft nimmt, sich immer wieder dem Positiven zuzuwenden: "Vielleicht liegt es daran, dass ich wie in so einer Ahnenreihe von Menschen stehe, denen wirklich viel Schreckliches widerfahren ist, als ob das Teil meiner DNA ist, zu überleben."

Allein unter Deutschen

Sich durchzubeißen hat Lewina schon früh lernen müssen: 1986, im Alter von sechs Jahren, ist die studierte Slawistin mit ihren Eltern aus Russland nach Deutschland, in die Nähe von Köln gezogen. Als einzige Nichtdeutsche, noch dazu in einem fremden Gesellschaftssystem, hat sich hier zunächst vor allem anders und fremd gefühlt: "Materiell wurde alles besser, aber das Leben blieb dennoch eine Quälerei. Denn Anderssein ist ganz schön anstrengend." Auch von außen gab es immer wieder Druck, sich anzupassen. Als sie in der Schule mal in einen Zickenkrieg verwickelt war, hat sie eine Lehrerin beiseite genommen und gesagt: "Wir haben dich hier so freundlich aufgenommen. Schämst du dich nicht, dich so dafür zu bedanken?" Und Lewina hat sich geschämt. Bis sie irgendwann entschieden hat, dass sie sich nicht mehr unterordnen will. Der gesunde Optimismus ist ihr bis heute geblieben: "Ich wollte immer weiter. Ich wollte niemals aufgeben."

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Gesprächszeit, 13. August 2024, 18:05 Uhr

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