Im Porträt So arbeitet Kripo-Chefin Petra van Anken
Seit September 2022 leitet Petra van Anken die Bremer Kriminalpolizei und das Landeskriminalamt. Aus einem Arbeiterhaushalt kommend hat sich die 55-Jährige ganz nach oben gearbeitet.
Hätte man sie als junge Frau gefragt, was sie werden will, hätte Petra van Anken Tischlerin, Dachdeckerin oder KFZ-Mechanikerin geantwortet. Gescheitert ist das an der Tatsache, dass sie eine Frau ist: "Damals haben mir ganz viele Arbeitgeber gesagt: Tut mir leid, wir haben keine sanitären Anlagen für Frauen." Geworden ist sie dann Polizistin – und bereut hat sie das nie: "Auf gar keinen Fall! Das war die beste Entscheidung meines Lebens. Der Beruf des Polizisten ist so vielfältig. Man hat so viele Möglichkeiten sich in die eine oder andere Richtung zu entwickeln."
Erst Haupt- und Realschule, dann Büro
Aufgewachsen ist die Niedersächsin in einem kleinen Ort zwischen Twistringen und Diepholz, inmitten von viel Natur und in einem Arbeiterhaushalt mit vier Geschwistern. Den Eltern war wichtig, dass die Kinder in Lohn und Brot kamen: "Wichtig war, dass wir nicht faul sind und dass wir uns Gedanken machen, was wir machen möchten. Und das musste auch realisierbar sein – insofern war das begrenzt."
Dann habe ich aber gedacht, das kann es noch nicht gewesen sein.
Petra van Anken über ihren Berufsstart als Bürokauffrau
Den Eltern war der Besuch des Gymnasiums zu teuer, also besuchte sie als Jugendliche zuerst die Hauptschule. Für den Realschulabschluss an einer berufsbildenden Schule bekam sie Bafög und auf ein Praktikum in den Delme-Werkstätten folgte eine Ausbildung als Bürokauffrau im Versicherungswesen, weil die schulische Ausbildung zur Heilerziehungspflegerin zu teuer war. "Dann habe ich aber gedacht, das kann es noch nicht gewesen sein", erinnert sich Petra van Anken.
Schritt für Schritt auf der Karriereleiter
Als sie dann 1991 eine Anzeige in der Zeitung sah, bewarb van Anken sich erfolgreich bei der Bremer Polizei. Ihre Berufserfahrungen vor dem Polizeidienst will sie aber trotzdem nicht missen: "Es hat mich immer demütig gemacht bei all dem was es immer auch an Klagen gibt. Sei es das Finanzielle oder seien es die Arbeitsrahmenbedingungen." Im mittleren Dienst ging es los und dann Stück für Stück weiter nach oben. "Ich glaube, ich habe das große Glück gehabt, immer viele Förderer und Forderer gehabt zu haben", erinnert sich die heute 55-Jährige.
Ich habe einen Ausbilder gehabt, der immer zu mir gesagt hat: "Petra, du hast ganz viel Potenzial!"
Petra van Anken über Förderer und Forderer
Petra van Anken studierte, stieg erst in den gehobenen und dann in den höheren Dienst auf. Sie wurde die erste Frau in der Mordkommission, Frauenbeauftragte der Bereitschaftspolizei und 2012 Leiterin für Wirtschafts- und Vermögenskriminalität. Immer wieder hat sie dafür ihre Komfortzone verlassen: "Ich habe einen Ausbilder gehabt, der immer zu mir gesagt hat: 'Petra, du hast ganz viel Potenzial. Du hast immer nur dann ein Problem, wenn Faulheit und Dummheit zusammenkommt.' Und das scheint bei mir nicht zusammen gekommen zu sein."
Geradlinig, ehrlich, verlässlich
Seit September 2022 leitet Petra van Anken nun die Kriminalpolizei Bremen und das Landeskriminalamt und ist damit eine der höchsten Polizistinnen im Land Bremen. Zehntausende liegengebliebene Akten und immer zu wenig Personal – das sind Themen, die van Anken jetzt umtreiben: "Personal ist schwierig zu kriegen, aber das betrifft die gesamte Polizei. Wir haben auf dem gesamten Arbeitsmarkt im Grunde genommen zu wenig junge Leute." Ein gutes Gehalt sei wichtig, doch van Anken weiß auch, dass junge Menschen heute mehr erwarten: "Beispielsweise flexible Arbeitszeiten oder die Frage: Wie modern ist ein Arbeitsplatz?" Immerhin: Bremen habe einen Standortvorteil, sagt van Anken. Beschäftigte müssten hier nicht durch ein großes Bundesland reisen.
Mir ist es wichtig, dass man weiß, woran man bei mir ist.
Petra van Anken über ihre Art zu arbeiten
Die Tür zu ihrem Büro steht immer auf, sagt van Anken. Kolleginnen und Kollegen nutzen das gerne für kurze Absprachen oder wenn sie eine Entscheidung von ihr brauchen: "Mir ist es wichtig, dass man weiß, woran man bei mir ist". Geradlinigkeit, Struktur, Ehrlichkeit und Verlässlichkeit wünscht sie sich auch von ihren Mitarbeitenden: "Ich finde es grundsätzlich gut, mit Menschen zusammen zu arbeiten – egal auf welcher Ebene – bei denen ich weiß, dass ich mich auf das gesprochene Wort und auf das Handeln verlassen kann. Wenn man sich ohnehin in Krisenzeiten befindet, finde ich es schwierig, irgendwelche Umwege gehen zu müssen, irgendwelches taktisches Kalkül an den Tag zu legen."
Frauen bei der Polizei: Die Mischung macht's
Rund 35 % Frauen arbeiten inzwischen bei der Bremer Polizei. Auch im gehobenen und im höheren Dienst sind es sehr viel mehr als noch vor einigen Jahren: "Ich glaube Frauen sind wichtig in diesem Beruf." Jetzt ist es ihre Aufgabe, die Potenziale in ihrem Team zu erkennen und Kolleginnen und Kollegen für Führungsaufgaben anzusprechen. Die Vereinbarkeit von Familie und Führung spielt dabei eine große Rolle, trotzdem ist van Anken nie für eine Frauenquote gewesen: "Also ich habe viel Frauenarbeit gemacht, aber ich habe auch immer die Auffassung vertreten, dass sich Leistung am Ende durchsetzt."
Entspannung findet sie bei ihren Hunden
Ob Clan-Kriminalität, Messerstechereien und ein Drogenproblem am Bremer Bahnhof – die Schlagzeilen zur Bremer Polizei sind nicht immer schmeichelnd. Auch wenn sie immer erreichbar ist, kann sie trotzdem gut abschalten, sagt Bremens Kripo-Chefin. Wenn sie nach einem anstrengenden Arbeitstag ins Auto nach Hause steigt, macht sie sich ein Hörbuch an und ein breites Lächeln erscheint auf dem Gesicht von Petra van Anken, wenn man auf ihre Hunde zu sprechen kommt. Zwei "Nederlandse Kooikerhondje" wohnen bei ihr und ihrem Mann: "Die sind vom Wesen her total freundlich. Die haben Lust zu arbeiten – der eine bei uns etwas mehr als der andere. Mit denen kann man shoppen gehen, mit denen kann man laufen gehen und Tricks machen."
Ich bin in meiner Rolle total glücklich. Und ich mache mir keine Gedanken darüber, was noch kommen könnte.
Petra van Anken über ihre Zukunftspläne
Zuhause übt sie mit ihnen das Aufspüren von Personen: "Eine Person gibt mir dann einen Duftartikel, beispielsweise einen Q-Tipp, den sie sich kurz in den Mund gehalten hat." Wenn sie und ihr Hund dann die versteckte Person finden, ist die Freude groß: "Das bringt total gute Laune und lenkt tatsächlich ab." Polizeipräsidentin will sie übrigens nicht werden: "Ich bin in meiner Rolle total glücklich. Und ich mache mir keine Gedanken darüber, was noch kommen könnte."
Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Gesprächszeit, 10. Januar 2024, 18:05 Uhr