Die Morgenandacht Wenn man nur noch schreien möchte
Standdatum: 21. Januar 2025.
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In den Klagepsalmen haben Menschen schon vor über 2000 Jahren ihr Leid geklagt. Zugleich haben sie auf Gott vertraut, betont Christof Haverkamp.
Schon vor weit mehr als 2000 Jahren haben Menschen Gott gelobt, ihm gedankt und ihm aber auch immer wieder ihr Leid geklagt. Etwa 150 Lieder, Gebete und Gedichte finden sich dazu in den heiligen Schriften des Judentums und zugleich im Alten Testament, dem ersten Teil der Bibel. Es sind die Psalmen. Ein Drittel davon sind Klagepsalmen. In manchen Momenten ist man so verzweifelt, da möchte man eigentlich nur noch schreien. Auch zu Gott schreien. Psalm 69 drückt dies sehr drastisch aus: "Ich bin versunken im Schlamm des Abgrunds und habe keinen Halt mehr. In Wassertiefen bin ich geraten, die Flut reißt mich fort. Ich bin erschöpft von meinem Rufen, es brennt meine Kehle. Mir versagen die Augen, während ich warte auf meinen Gott. Zahlreicher als auf meinem Kopf die Haare sind die, die mich grundlos hassen." (Psalm 69,3-5a)
Weiter heißt es: "Entreiß mich dem Sumpf, damit ich nicht versinke, damit ich meinen Hassern entkomme, den Tiefen des Wassers, damit die Wasserflut mich nicht fortreißt, mich nicht verschlingt der Abgrund, der Brunnenschacht nicht über mir seinen Rachen schließt! Erhöre mich, Herr, denn gut ist deine Huld, wende dich mir zu in deinem großen Erbarmen! Sei mir nah und erlöse mich! Befreie mich meinen Feinden zum Trotz!" (Psalm 69, 15-19) So spricht ein Mensch in größter Not, der verzweifelt ist und nicht mehr weiterweiß; der tiefstes Leid erfahren hat und die Abgründe menschlicher Existenz kennt. Der Verfasser dieses Klagepsalms akzeptiert den Schmerz als Teil seines Lebens. Lautstark wendet er sich an Gott, in dem Vertrauen, dass Gott das zulässt und dass man seine Klagen vor Gott tragen kann.
Aber in diesen Klagepsalmen bleibt der Beter nicht bei der Klage stecken. Immer wieder betont er Gottes Treue und Güte, seine Fähigkeit, aus der Not zu befreien. Das klingt tröstlich und stimmt zuversichtlich. Viele Klagepsalmen haben einen festen Aufbau. Sie enden damit, dass der Beter Lob oder Dankbarkeit ausdrückt, weil Gott ihm zur Hilfe gekommen ist. Oder weil er die Zuversicht hat, dass Gott eingreifen und helfen wird.
So heißt es auch im Psalm 69: "Ich will im Lied den Namen Gottes loben, ich will ihn mit Dank erheben" Und weiter: "Ihr, die ihr Gott sucht, euer Herz lebe auf! Denn der Herr hört auf die Armen, seine Gefangenen verachtet er nicht. Himmel und Erde sollen ihn loben, die Meere und alles, was sich in ihnen regt." Auf die rettende und erlösende Kraft Gottes hoffen und darauf zu vertrauen – diese Haltung kann auch heute helfen.